Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, S. 781

Gemeine Vogelſpinne. 699

zu entgehen, wenn man ſie einfangen will, und zeigen ſi< immer bereit, ihre ſcharfen Kieferklauen in einen ſi nähernden Finger einzuſchlagen.

Der erſte Berichterſtatter über die von den Braſiliern Nhamdu Guacu genannten Buſchſpinnen war Georg Marcgrave, ein geborener Sachſe, welcher 1636 in Begleitung des Grafen Johann Moriß von Naſſau-Siegen na< Braſilien ging. Leßterer ward nämlih von den Holländern mit bedeutender Heeresmacht dahin entſandt, um deren Eroberungen gegen die Spanier zu behaupten. Marcgrave beſchreibt in den 10 Jahre ſpäter und nah abermals 10 Fahren in veränderter Form erſchienenen mediziniſchen (vom Leibarzt Piſo) und naturhiſtoriſhen Veröffentlihungen über Braſilien die Buſ<hſpinne ſehr gut, erwähnt ſodann, daß ſie ſi<h von Fliegen und anderen Fnſekten ernähre, auch lange lebe; denn er habe mehrere faſt 2 Jahre in einer Schachtel gehalten, wo ſie ſi<h zu beſtimmten Zeiten häuteten; der Balg aber ſtelle eine Spinne dax, indem er nur „unten“ geſpalten ſei, wo ſie herausfriehe. Hierbei befindet ſich folgende Anmerkung des Herausgebers (Johann de Laet): „Jh hatte einſt dieſe Spinne lebend aus Braſilien bekommen und verſuchte ſie mit Fliegen zu füttern, ſah ſie aber nie eine freſſen, wohl aber, daß ſie allmählih abmagerte und nach einigen Monaten ſtarb; in dem Behälter ſpann ſie nie, ſobald ſie aber bei einer Gelegenheit daraus entſ<lüpft und in das Fenſter gelangt war, fing ſie damit an.“ Langsdorf, welcher das Vogelſreſſen der braſiliſhen Krabbenſpinnen, Caranguexeiras, leugnet, meint, daß ihr Biß bei Menſchen zwar heftige Entzündungen ._ veranlaſſe, was neuerdings Fritſch von den ſüdafrikaniſchen beſtätigt, aber weder gefährlih noch tödlih ſei. Wie wenig gefürchtet der Umgang mit Buſchſpinnen ſein müſſe, bewieſen Herrn Ba tes die Kinder einer Jndianerfamilie, welche Jnſekten für ihn ſammelten. Er traf ſie einſt, wie ſie eine große Buſchſpinne gleih einem Hündchen an einem ihr um den Leib gebundenen Faden im Hauſe umherführten. Jhn nahm das Wunder, denn er hatte ſi< na< dem Präparieren der erſten infolge der zwiſchen die Hautfalten ſeiner Finger geratenen Borſtenhaare derſelben in einer „eigentümlichen Aufregung befunden, die einen faſt raſend machen kann“.

Jm Jahre 1862 ward in einem aus England angefommenen Kohlenſchiff zu Danzig eine lebende Mygale avicularia gefunden und dem Oberlehrer Menge übergeben, welcher die Spinne faſt ein Fahr am Leben erhielt. Jh gebe ſeine darüber angeſtellten Beobachtungen um ſo lieber, als ſie von einem unſerer tüchtigſten Spinnenforſcher herrühren. Die Spinne wurde in ein großes Cylinderglas einquartiert, deſſen Boden vorher mit Baumwolle und Moos und darüber mit Stücen von Fichtenrinde belegt worden war. Sie hielt ſi<h bei Tage meiſt verborgen und ging des Abends, langſam ſ<hleihend und leiſe taſtend, umher. Mit dem Finger oder mit einer Feder berührt, fuhr ſie ſhnell zurü. Sie verſuchte an den Glaswänden in die Höhe zu klettern, was ihr aber niht gelang, und deshalb fonnte man ihr Gefängnis offen laſſen, ohne ihr Entweichen befürchten zu müſſen. Moos und Rinde überſpann ſie allmählih mit einer Deke feiner, weißer Fäden, fertigte für ſi< aber keine Wohnung. Eine ihr am erſten Tage vorgeworfene Winkelſpinne (Tegenaria civilis) zerdrüdte ſie ſofort mit den Kiefern und zehrte ſie mit Stumpf und Stiel auf. Einer zweiten erging es nicht beſſer, von einer Kreuzſpinne wurden die Beine und ein Teil des Hinterleibes übriggelaſſen; eine Schmeißfliege und ein Weberknecht wurden von der Mygale niht gewürdigt, dagegen zehrte ſie eine Aſſel (Porcellio sCaber) auf. Über ein kleines, ihr mit Waſſer hingeſeßtes Porzellanſchälchen legte ſie ſich mit Bruſt und Maul und ſog deſſen JFnhalt ein. Am 18. September ward ihr ein Gartenfroſh von 4 cm Länge zugeſellt, an welchem ſie ſi. des Abends, ſolange die Beobachtung dauerte, nicht vergriffen hatte, am anderen Morgen ward ſie aber no< beim Auffreſſen desſelben betroffen, was bereits bis zur Hälfte geſhehen war. Sie zerkaute den Froſch zu einem