Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, S. 788
706 Zweite Drdnung: Webſpinnen; zweite Familie: Radſpinnen.
Im Herbſte ſind die Kreuzſpinnen, unter denen in einer ſpinnenreichen Gegend auf 10—15 Weibchen ein Männchen gerechnet werden kann, erwachſen und zur Begattung geneigt. Ragzeburg war am 15. September Zeuge dieſes Herganges und berichtet über denſelben im weſentlichen Folgendes. Es war bei {<hönem Wetter um die Mittagsſtunde,/ als auf einem Holzplaß im Walde ein Spinnenpärchen ſein Spiel begann; das Weibchen kam von Zeit zu Zeit aus der Mitte ſeines Gewebes langſam herab, dem Männchen entgegen, welches chrerbietig an dem einen Ende des Netzes wartete und ſih nie na< dem Mittelpunkt hinwagte. Dann hing ſi< das Weibchen mit dem Rücken nah unten, den Kopf nah vorn gerichtet und zog die Beine an den Leib, als wenn es tot wäre. Das Männchen that ſogleih einige Schritte vorwärts, und zwar mit herabhängendem Rücken, alſo in der Lage, in welcher ſi< au< das Weibchen befand, und betaſtete und umfaßte dieſes von unten her mit ſeinen langen Beinen. Nachdem dieſes Spiel, offenbar eine Liebkoſung, etwa eine Viertelſtunde gedauert hatte, ſprang das Männchen dem Weibchen plöglih auf die Bruſt, wobei natürlih ſein Rücken wieder nah oben kam, hielt ſeinen Hinterleib hoh empor und griff mit den Taſterſpißen in die weibliche Scheide. Nachdem dies faſt eine halbe Minute gedauert haben mochte, ſprang es herunter und zog ſih vollkommen zurü>, während das Weibchen ſi langſam wieder nah ſeiner Warte inmitten des Netzes begab. Eine Viertelſtunde ſpäter nahm es ſeine frühere Stellung wieder ein, und ſofort war auh das Männchen wieder bei ihm. Das Betaſten nahm ſeinen Anfang wie vorher, auh that das Männchen abermals einige Sprünge nah der Bruſt des Weibchens, prallte aber jedesmal wieder zurü>. Nachdem das Spiel wohl eine Stunde getrieben worden war, ging das Weibchen auf ſeinen früheren y — R Pm | Standpunkt zurü> und das Männchen in ſein beC E nachbartes Neſt, wo es am Nachmittag und auh
Augenſtellung von hintenher geſehen. no< am anderen Morgen müßig hing. Ratzeburg
nennt es ein „fremdes“ Neſt, weil er fälſ<hlih annimmt, daß das Männchen nicht baue, ſondern ſih „ledig umhertreibe“. Menges Bericht über den gleichen Gegenſtand weiht in Nebenumſtänden wieder etwas von dem oben gegebenen ab, ſo daß alſo auh in dem Begattungsakte wie in dem übrigen Betragen keine feſte Regel zu gelten ſcheint. Jm Spätherbſt werden die gelben Eier mit ihrem feſten Sähen an einem geſhüßten Orte zur Überwinterung aufgehängt, und der Hinterleib des Weibchens fällt darauf in dem Maße zuſammen, daß man es kaum wieder erkennt. Ehe der Winter kommt, iſt es hingewelkt. Die unter Baumrinde oder Moos fortlebenden gemeinen Kreuzſpinnen, die ſih nur ſelten finden, gehören unerwachſenen Spätlingen an.
Von Ppeira gibt es noh hübſche und ebenſo große Arten in Europa, andere, meiſt Fleinere, ſind neuerdings unter anderen Gattungen untergebracht, welche ſih dur wenig abweichende Stellung der Augen und andere Merkmale unterſcheiden.
Die geſtre>te Stri>erſpinne (Tetragnatha extensa) zeihnet ſi unter den Nadſpinnen dur<h manche Eigentümlichkeit aus, von denen der langgeſtre>te Hinterleib, die ſehr langen Beine, deren beide vorderſten Paare in der Ruhe ebenſo gerade nah vorn