Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 280

240 Manteltiere. Erſte Drdnung: Sactiecre.

Der Beſuch einer der Badeanſtalten im Hafen von Trieſt oder Neapel gibt uns dasſelbe an die Hand; die Unterſeite der meiſten im Waſſer befindlichen Holzteile ſind, außer mit vielen Pflanzen und anderen Tieren, auh mit Manteltieren der Gruppe Ascidiae ſo dicht beſeßt, daß man ganze Haufen abſchälen kann. Die ſih hier findenden Manteltiere haben aber keine lederartige, ſondern eine dur<ſcheinend häutige Hülle, und vorherrſchend iſt eine Art, welche ungefähr wie ein Stück Darm ausſieht. Auch an ihr, der Ascidia oder PhalIusía intestinalis, überzeugen wir uns nun leiht, daß ein innerer feiner Sa in dem feſteren Außenmantel aufgehängt und im Umkreiſe zweier an und neben dem Vorderende befindlichen Öffnungen mit jenem enger verbunden iſt.

Über einen ganz anderen Typus von Manteltieren haben mirx oft die dalmatiſchen Fiſcher ihr Leid geklagt. Sie bekommen nicht ſelten ihr Zugneß ſtatt mit Fiſchen mit Zentnerlaſten von kleinen, kaum 1—2 em langen friſtallhellen Tierchen erfüllt, welche etwa einer

Ascidia microcosmus, aufgeſhnitten. Natürliche Größe.

an beiden Enden offenen Tonne gleihen, und in welchen die Forſhung troß ihrer ganz verſchiedenen Lebensweiſe längſt die nächſten Verwandten der Ascidien erkannt hat. Auch ihr Körper iſt von einem derben Mantel umgeben, der in ſeiner mifroſkopiſhen und hemiſhen Zuſammenſezung mit dem jener übereinſtimmt. Wir müſſen nämlich zur all: gemeinen Charafkteriſierung der Manteltiere die hemiſche Beſchaffenheit des Teiles betonen, über deſſen Beziehungen zu dem gleichnamigen Organ der Muſcheln oder vielleicht zu den Schalen der Brachiopoden weiter unten zu reden ſein wird. Die Sache verhält ſih fo: Vor einigen Jahrzehnten noh, als die Syſtematik im ſtande zu ſein glaubte, ſcharfe, trennende Unterſcheidungsmerkmale zwiſchen Pflanzen und Tieren aufzuſtellen, hielt man die Celluloſe oder den Pflanzenzellmembranſtoff für ein ausſchließlihes Eigentum der Pflanzen. Es iſt aber eine von den hinfällig gewordenen Eigentümlichkeiten der Vegetabilien, indem ſich zeigte, daß die Celluloſe einen Hauptbeſtandteil des Mantels der Manteltiere ausmache und, na< neueren Unterſuchungen von Ambronn, auch ſonſt in den Geweben niederer Tiere hin und wieder vorkäme, wenn auch in anderer Form als im Pflanzenreich. Wir fönnen nunmehr die beiden ſchon angedeuteten Hauptabteilungen näher ins Auge faſſen.

Der Tierkreis der Manteltiere iſt neben dem der Ehinodermen oder Stachelhäuter der einzige, der, ſoweit wir wiſſen, keine Vertreter im ſüßen Waſſer hat, und nebſt dieſen ſowie denen der Molluskoiden und Hohltiere derjenige, aus dem ſi< keine Landformen entwi>elt haben.