Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 576

526 Stachelhäuter. Zweite und dritte Klaſſe: Seeigel, Seeſterne.

vrei<li< und ununterbrochen in den Darmkanal aufgenommene Waſſer gewaltſam durch die Kanalöffnung auspreſſen könnte. Nux ſo nämlich erklärt ſi< die ſtarke Strömung in der hinteren Röhre, durch welche der verbrauchte Sand wieder an die Oberfläche befördert wird. Wie lange der Amphidetus an einer Stelle bleibt, iſ unbekannt; es iſt au<h mögli, daß er, gleih den in Felſen eingegrabenen Seeigeln, in ſeiner Wohnung ſich ſtabil aufhält und auf die zufällige Nahrungszufuhr angewieſen iſt. Faſt regelmäßig finden ſih in dem mit Schleim ausgefkleideten Wohnraume des Herzigels einige kleine AmphipodenKrebſe (Urothoe).

Von beſonderem Intereſſe ſind die Verhältniſſe der Verbreitung, beſonders der vertifalen der drei Seeigelordnungen im Meere. A. Agaſſiz nimmt für dieſelbe drei Zonen an: die litorale in der Nähe der Küſten bis zu einer Tiefe von 270 m, die kontinentale, in der die Veränderungen, welche die Kontinente während ihrer geologiſchen Entwi>kelung gefunden haben, bis zu 900m, und die abyſſiſche, welche, ſeit ſie überhaupt vorhanden iſt, wenige oder gar keine Veränderungen erfahren hat. Sie reiht bis in die größte Tiefe, in der Seeigel überhaupt no< vorkommen. Als ſol<he kennen wir vorläufig 5300 m, wo Pourtalesia laguncula gefunden wurde.

Ein für die meiſten Seetiere geltendes Geſeß, daß ſie nämli<h um ſo einför-

Pourtalesia ceratopyga. Natürliche Größe. miger werden und horizontal

um ſo weiter verbreitet ſind,

je tiefer die Zone ihres Vorkommens im Meere iſt, finden wir auch bei den Seeigeln beſtätigt. Die Verhältniſſe an der Küſte ſind weit mannigfacher als in der Tiefſee: die Unterſchiede der Temperaturen und des Untergrundes ſind viel bedeutender dort als hier und die Bewegung des Waſſers, ein die Tierwelt mächtig umgeſtaltender Faktor, kommt in der Tiefe in Wegfall. Auch ein anderes Geſet, welches ſi< aus der vertikalen Verbreitung der Meeresbewohner ableiten läßt, tritt uns bei Betrahtung des Vorkommens der Seeigel entgegen: daß nämlih Arten, welche eine ſehr große horizontale Verbreitung haben, ſehr häufig auch in vertikaler Richtung die verſchiedenſten Tiefen bewohnen. Ein paar Beiſpiele mögen zur Erläuterung genügen. Echinus acutus iſt von Norwegen bis Ascenſion und vom Mittelmeere bis zur Oſtküſte Amerikas (alſo zwiſchen 70 Breiten- und 70 Längsgraden) und von der litoralen Zone bis zu 2500 m beobachtet worden, Echinus elegans geht von der Nahbarſchaft dex Küſte bis zu 1800 m Tiefe und bewohnt den ganzen Atlantiſchen Ozean vom hohen Norden bis Triſtan d'Acunha, ja, iſt ſogar aus den Gewäſſern um Neu-Guinea bekannt.

Die vertikale Verbreitung der drei Seeigelordnungen iſt durhaus nicht die gleiche. Die echten regelmäßigen Seeigel nehmen mit der Tiefe an Artenzahl ziemlih harmoniſch ab, gehen aber in einer Art, wie wir ſahen, do< bis 5300 m hinab. Die Clypeaſtriden finden ſi in zwei Arten noch bei 1800 m, gehen aber, ſoweit bekannt, nicht tiefer, während die Spatangiden eine merkwürdig gleihmäßige Verteilung in vertikaler Richtung zeigen: noh zwiſchen 2500 und 5000 m kommen etwa 10 Proz. der bekannten Arten vor.