Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 591

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Selbſtverſtümmelung, Knoſpung und Teilung der Echinodermen. 539

aber das der Würmer, wie wir ſahen, und der Echinodermen. An der Stelle, wo ſi das Armſtü> vom Muttertiere löſte, ſproßt, und um ſo leiter, je größer es iſt, häufig aber durchaus niht unter allen Umſtänden, ein junger Seeſtern. Dieſer iſt anfangs ſelbſtverſtändlih noh klein und das Ganze gewährt dann einen überraſhenden Anbli>: man hat einen winzigen Seeſtern mit einer Anzahl fleiner, der Größe entſprehenden Arme vor ſih, während ein einzelner rieſenhaft entwi>elt erſcheint. Hae>el hat ſolhe Seeſtern-Fndividuen ſehr paſſend als „Kometenformen“ bezeihnet. Je älter dieſe Kometenform wird, deſto mehr verliert ſie ihre frappante Eigentümlichkeit, indem wahrſcheinlich die Scheibe heranwächſt und die Länge der Arme ſich ausgleiht. Hae>el vermutet, daß dieſer Ausgleih auf andere Weiſe zu ſtande kommen möchte, daß nämlich der urſprüngliche Arm, der Schweif des Kometen, nah Neubildung des fleinen Seeſterns abfiele und an ſeiner Stelle von dieſem her ein neuer Strahl hervorwüchſe.

Auch Gabelungen der Arme ſind bei Seeſternen beobachtet worden. Meiſt ſind dieſelben einfach, doh gibt es auch kompliziertere Fälle. Der intereſſanteſte iſt von den beiden Saraſins beſchrieben und abgebildet worden. Er betrifft eine fünfſtrahlige Linckia multifora, deren einer Arm ſi an der Spige in vier kleine Strahlen auflöſt. Die einfahen Gabelungen kommen vielleiht dadur< zu ſtande, daß der Arm eines Seeſterns ſi niht völlig ablöſt, ſondern nur eingeriſſen wird, und daß dann an der Stelle der Verleßung der neue Seitenarm hervorſproßt. Ähnlich entſtehen in der Regel die regenerierten Doppelſhwänze der Eidechſen. Den Fall, daß das Ende eines Armes ſich in vier Spißen auflöſt, deuten Paul und Friß Saraſin dahin, daß an der Spitze ein junger Seeſtern hervorſproſſe, der ſih eventuell ſpäter mit einem Stück des Mutterarmes losgelöſt und einen neuen Seeſtern gebildet haben würde. Die genannten Forſcher, welche das einzige Exemplac dieſer merkwürdigen Mißbildung niht vernichten wollten, bleiben indeſſen den anatomiſchen Nachweis für die Richtigkeit ihrer Mutmaßung ſchuldig, und es laſſen ſih ſ<hwere Bedenken gegen dieſelbe geltend maten. Sehr all: gemein läßt ſi<h nämlih bei Regenerationserſcheinungen eine beſtimmte Polarität beob: achten. Die durch künſtlihe Teilung einer Magnetnadel entſtandenen Stücke orientieren nämli< immer ihre Pole ſo, wie dieſelben in jener lagen, d. h. wenn man die Südhälfte der Nadel ablöſt, ſo wird das Ablöſungsende das Nordende, während das Südende das Südende bleibt, und an der Nordhälfte wird das Ablöſungsende das Südende und Nordende bleibt Nordende. Ebenſo wird bei einem dur<ſ<hnittenen Ringelwurm das kopfwärts gelegene Ende der Schwanzhälfte zum Kopf und das ſhwanzwärts gelegene Ende der Kopfhälfte zum Schwanz. Bei einem Seeſtern nun entſpricht dem Kopfe, ſoweit bei einem Strahltier überhaupt davon die Rede ſein kann, doch jedenfalls die Körperregion, wo ſi der Mund befindet, alſo die Scheibe. Wird nun ein Arm von der Scheibe abgeworfen, ſo wird nach obigem Geſetze der Polarität an der Scheibenſeite der Bruchſtelle ein neuer Arm und an der Bruchſtelle des Armes ein neuer Seeſtern ſproſſen.

Es iſt höchſt wahrſcheinlih, daß wenigſtens manche See- und Schlangenſterne gelegentlih den einen oder den anderen ihrer Arme ohne äußere Veranlaſſung abwerfen, ſo wie ſi gewiſſe Ringelwürmer ſpontan teilen. Hierdurch wird das Abwerfen der Strahlen mit darauffolgender Regeneration zu einer Art der Fortpflanzung.

Außerdem wurden bei See- und Shlangenſternen Knoſpung und Teilung beob: achtet, Die beiden Saraſin fanden unter ihrem überaus reihen Material von Linien einmal eine, auf deren Rütten ein junger vierarmiger Seeſtern hervorſproßte.

Die Teilung kam häufiger zu Beobachtungen, und zwar ſind beſonders die Unterſuchungen von Heinri<h Simroth über dieſen Vorgang bei Ophiactis virens hervorzuheben .