Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 676

Vorkommen und Verteilung der Korallenarten. Wachstum der Riffkorallen. 613

tiefſten mit den Apparaten zum Heraufholen von Bodenproben erreihbaren Abgründe, eine Tiefe von einer geographiſchen Meile, noh einzelne, in manchen Strecken der Ozeane ſogar zahlreiche Tierarten der verſchiedenſten Klaſſen beherbergen. Aber was in ſolchen Tiefen lebt, hat ſih den beſonderen Verhältniſſen der Tiefe mit der koloſſalen Steigerung des Drukes, der Änderung von Licht und Wärme, von Gasaustauſch ſo akkommodiert daß es oben nicht beſtehen kann. Die Zahl der Tiefſeepolypen iſt nun überhaupt auffallend gering, und darunter findet ſih keine Art, welche in einer größeren Tiefe riffbauend auftritt, geſchweige denn, daß folhe Bauten im Laufe der Fahrhunderte bei gleichbleibendem Spiegel des Grundes endlih zum Niffe oder zur ſichtbaren Fnſel würde.

Die franzöſiſchen Naturforſcher Quoy und Gaimard, welche die Expedition des Admirals d'Urville nah der Südſee begleiteten, ſchloſſen, daß die untere Grenze, bis zu welcher die Korallen lebten, mit 5—6 Faden, alſo 10—12 m erreicht ſei, eine Behauptung, welche von Ehrenberg nah ſeinen Unterſuchungen im Roten Meere beſtätigt wurde. Doch zeigten ſihere Meſſungen in der Südſee, daß no< bei 20 Faden Tiefe ein reiches Korallenwachstum ſtattfinde. So beobachtete Darwin an den Riffen von Mauritius in dieſer Tiefe Madreporen und Aſträen, und lebende Korallen wurden bis zu dieſer Grenze von ihm und anderen an verſchiedenen anderen Niffen der Südſee gefunden. Auch Ehrenbergs Angaben wurden erweitert und im Roten Meere Lager lebender Korallen bei 25 Faden Tiefe entde>t. Endlich beſtimmte Pourtalès die Tiefe des Korallenlebens auf den Florida-Niffen mit 15 Faden; und ſo ſind alle neueren Forſcher darüber einig, auch Dana nach ſeinen reihen Erfahrungen, daß lebende riffbauende Korallen nur in verhältnismäßig geringer Tiefe und innerhalb ſ{<maler Höhenzonen vorkommen. Überall, wo man tiefer ſondiert und mit Anker oder S<hleppneß vom Korallenboden Stücke abreißt, trifft man Korallentrümmer oder mehr oder minder verſchonte, vom Sande bede>te tote Stöcke. Eine der Urſachen dieſer geringen Verbreitung in die Tiefe iſt jedenfalls die Temperatur, welche die Verteilung alles Lebens über den ganzen Ozean nach Breite und Tiefe jo ſehr beeinflußt. Sie kann jedo<h unmöglich die einzige Urſache ſein. Wie erwähnt, iſt eine Wärme zwiſchen 24 und 18 Grad dem Gedeihen der meiſten riffbildenden Korallen ;zuträglih und doch iſt die Waſſertemperatur in 100 Fuß Tiefe im mittleren Teile des Stillen Ozeans meiſt über 18 Grad Réaumur.

Sehen wir uns nun die lokalen Urſachen an, von welchen das Wachstum der Riffkorallen abhängt. Vor allen Dingen verlangen ſie reines Seewaſſer, und ſie gedeihen am beſten in den breiten Binnenkanälen zwiſchen den Riffen, in den weiten Lagunen und im ſeichteren Waſſer nah der Brandung zu. Es iſ alſo ganz ſalſ<h, wenn man allgemein behauptet, daß in den Lagunen und Kanälen nur kleine Korallen wüchſen; das gilt nur für enge Lagunen und Kanäle und für ſolche Teile der breiteren Kanäle, welche unmittelbar an den Mündungen friſcher Gewäſſer liegen. Unzweifelhaft verlangen gewiſſe Arten das offene Meer; wenn man aber die ſpeziellen Verhältniſſe unterſuht oder die außen an der Brandungsſeite geſammelten Polypen muſtert, überzeugt man ſich, daß die Thatſachen fehlen, um eine Liſte ſolcher Arten zuſammenzuſtellen. Von den maſſenhaften Aſträen, Mäandrinen, Poriten und Madreporen zu ſhließen, die von den Wogen auf die Außenrife geworfen werden, ſind dieſe Sippen nach der offenen Seeſeite zu ſehr gut vertreten. Auf den Pomatu- Fnſeln findet man an der Küſte einzelne Stöke von Porites von 2—2!/2 m im Durchmeſſer.

Arten derſelben Sippe wachſen oben auf den Niffen und einige ſind dieſelben, die auch in größeren Tiefen vorkommen. Zahlreihe Aſträen, Mäandrinen und Madreporen leben an der Außenſeite der Riffe, wo die Wogen mit voller Kraft anprallen. Dort trifft man au< zahlrei<he Milleporen ſowie einige Poriten und Pocilloporen. Die zarterent