Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 679
616 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.
Bezeichnung ſind, nennt man im beſonderen die Korallenbildungen längs der Küſten hoher Jnſeln und des Feſtlandes.
Wir beginnen mit den leßteren. Die Korallenriffe ſind alſo Bänke von Korallenfelſen im Meere längs der Küſten tropiſcher Länder. Fm Stillen Ozean ſind dieſe Landmaſſen, mit Ausnahme von Neukaledonien und einigen anderen Jnſeln, vulkaniſchen Urſprunges, oft von Gebirgshöhe. Die ſie umgürtenden Riffe ſind bei Flut gewöhnlich ganz unter Waſſer. Zur Ebbezeit aber bieten ſie ſih dem Blicke als breite, flahe, nate Felſenflächen dar, gerade über dem Waſſerſpiegel, ſonderbar abſtehend von den jähen Abhängen der von ihnen umfaßten Fnſel.
Nähert man ſih in einem Schiffe einer Korallenküſte, ſo iſt, wenn gerade Flut, das erſte Zeichen eine Linie ſ{hwerer Brandung, oft meilenlang und in großer Entfernung vom Lande. Kommt man etwas näher heran, ſo unterſcheidet man wohl einzelne Stellen des Riffes, wenn gerade eine Woge zurü>läuft; aber im nächſten Augenbli> iſt wieder alles ein Waſſergewoge. Ein Glü> iſt es für das kreuzende Schiff in unbekannten Riffregionen, wenn die brandenden Wellen ununterbrochen die Nifſlinie bezeihnen. Denn mitunter tritt eine trügeriſche Ruhe ein, welche tiefes Waſſer vermuten und das Fahrzeug arglos vorwärtsgehen läßt, bis es bald über Korallenmaſſen ſchleift, dann ſ{<wer in furzen Zwiſchenpauſen aufſtößt und einige Augenbli>e ſpäter hilflos auf dem Niſſe geſcheitert iſt. Bei Ebbe beſänftigt die Brandung ſih oft ganz oder faſt ganz. Aber dann iſt das Riff meiſt in voller Sicht und bei aufmerkſamer Wache, günſtigem Winde und vollem Tageslicht die Schifffahrt verhältnismäßig ſicher.
Die beifolgende Skizze gibt eine Vorſtellung von einer ſo eingefaßten tropiſchen Fnſel. Das Niff zur re<ten Seite bildet einen Gürtel unmittelbar um die Küſte und erſcheint als eine Fortſeßung des Landes. Es findet ſich dieſes Strandriff (Gürtelriff, Küſtenriff, Saumriff) auch auf der linken Seite, aber außerhalb desſelben, getrennt durc einen Kanal, iſt noh ein Barriereriff oder Dammriff. An einer Stelle iſt die Fnſel von einer Steilküſte begrenzt, und hier, infolge des Abſturzes und der Tiefe, fehlt das Niff. Das Barriereriff iſt von einem Eingange durchbrochen, welcher in einen Hafen führt, wie deren ſich oft an ſolchen forallenumgebenen Fnſeln finden. Während manche Fnſeln nur ſhmale Gürtelriffe haben, ſind andere zum großen Teil oder ganz dur<h den Damm umzäunt, welcher das Land wie ein künſtlicher Hafenmolo vor den Angriſfen des Meeres hüßt. Das Barriereriff iſt mitunter 10—15 Meilen vom Lande entfernt und umſchließt niht nur eine, ſondern mitunter mehrere hohe Fnſeln. Von Riffen von ſo großem Umfange bis zu den einfachen Gürtelterraſſen gibt es alle möglichen Übergänge.
Dex Binnenkanal iſt bei Ebbe oft kaum tief genug für Boote, kann au<h mitunter ganz tro>en liegen. Dann wieder iſt er nur eine enge, verſhlungene Paſſage, in welcher große Korallenklöße die Schiffahrt gefährden. Und wiederum zeigt er meilenlange Stre>en offenen Waſſers, worin ein Schiff gegen den Wind bei 10, 20 und 40 Faden lavieren fann; doh fordern verborgene Untiefen zur Vorſicht auf. Ausbreitungen von lebenden Korallen von wenigen Quadratfuß bis auf mehrere (engliſche) Quadratmeilen ſind über die breite Bodenfläche innerhalb der weit vorgeſhobenen Barriere zerſtreut. Alle dieſe mannigfaltigen Formen kann man an einer einzigen Fnſelgruppe finden, den Fidſchi.
Es verſteht ſih von ſelbſt, daß die oben beſchriebenen Strand: und Barriereriffe niht für ſich allein das ganze Korallenriff ausmachen; es ſind eben nur die Beſtandteile, welche bis an den Waſſerſpiegel reihen. Zwiſchen ihnen und außerhalb des Barriereriffes finden ſih unterſeeiſhe Bänke im Zuſammenhang mit den höheren Teilen, und alle zuſammen bilden den Korallenriffgrund eiñer Jnſel. Auch ergibt ſi< aus dem Angeführten eine große Verſchiedenheit in der Ausdehnung der Riffgründe. An manchen Küſten finden