Charakterologie

Die Grundlagen 253

vorgang eine Dereinigung des väterlichen und des mütterlihen Lebens zu einer neuen Einheit zu jehen. Dieje neue Sebenseinheit „Kind“ verlebt Monate feiner allerfrühejten Kindheit im Mutterleib und verläßt ihn nad) neun Monaten, um in der Geburt (dem erjten Erlebnis von Krifendatafter in unjerem jungen Leben) in die Außenwelt hineinzutreten. Sein Leben beginnt aljo natürlic) nicht erjt mit diefem erjten großen Erlebnis, jondern mit der Dereinigung von Samen und Eizelle, von weldyem Augenblid an ein eigenes neues Leben wädjlt, mit eigener Sormtendenz und einem eigenen „Lebenszentrum“. Da gar fein Grund zu einer rein ipefulativen Annahme vorliegt, da von außen, von irgendwoher aus dem Weltraum, etwas zu diefen Naturprozejjen hinzutritt, Zönnten wir zunädjt am beiten jo formulieren: Das Kind ijt die neue Einheit aus Dater und Mutter. Nun zeigt die Erblehre folgende Modifikationen, die hinzugenommen werden müjjen:

Die eine ilt bereits genannt. Das Kind ijt nicht einfad) die Summe von Dater und Mutter in einem neu zu beginnenden Leben, nicht einfady ein „fombinierter Ableger“, jondern es bildet fi) durd) die Dereinigung ein eigenes Lebenszenttum aus, aus dem jpäter ein eigenes „Ich“ wird. Es ijt etwas Ganzheitliches, und durd) dieje Ganzheit Neues. Es ilt ja aud) jonjt im Lebendigen meijt jo, da das Zujammentreten von Zweierlei nicht die Summe beider ijt, jondern etwas Neues als neue Einheit. Wir fönnten jagen, das väterliche und mütterliche Leben vereinigen jicy und damit findet eine Neu-Imdipiduierung, eine Um-ndividuierung jtatt. Das ijt die eine Modififation, die zu der Ausgangstheje: „das Kind ijt Dater und Mutter” hinzugenommen werden muß.

Die zweite Modifitation it dieje: Der Dater und die Mutter geben zu diejem neuen Lebewejen nicht jid) jelbit, wie jie im Augenblide der Zeugung find, alfo nicht dieje gereiften erwadhjenen Perjönlicfeiten zufammen, fondern Samen- und Eizelle. Dieje repräjentieren zwar in gewijjer Weije die ganzen Perjönlichteiten, aber nicht (wie frühere Zeiten dachten) als miftoffopiich Heine Menjclein, gleihjam als zierlichjte Zweitauflage der Eltern. Sondern Samen- und Eizelle jtellen den Anlagenbejtand dar, aus dem die Eltern ihr perjönliches Leben, ihre leiblich-jeelijche Einheitsgeitalt im Laufe ihres Dajeins erjt entwidelten. Und eine (viel umitrittene, aber bis heute nicht erjchütterte) Lehre bejagt, da fi) dasjenige, was die Eltern in ihrem individuellen Leben erworben haben, nicht auf die Keimzellen überträgt, die jie bei der Zeugung zujammenfügen. Das mag manchem tragijch |cheinen, der wünjchen möchte, daß, was er in jeinem Seben aus fih gemacht hat, jhon in der Subjtanz des Kindes enthalten