Charakterologie

260 Die Erblehre des Charatters

wiederum nicht vorliegt, weil zu dem fi) frei oder unfrei fühlenden Ich die betreffende Eigenjchaft (aljo 3.B. das Derbrecheriiche) dazugehört! Aber man fanın hier von Steiheit und Unfteiheit wohl in dem Sinne jprechen, wie wir etwa von hohen Altersitufen jagen, daß das betreffende Leben „eritarre”, „fejt werde”, daß es die Biegjamteit, Anpajjungsfähigteit verliere, daß es nicht mehr neue Möglichkeiten aus fih entwideln fönne. Wie wir in jolhem Salle wohl den Gegenja anwenden, dak die Jugend nod) in allen Entwidlungsmöglichteiten „frei“, das Alter aber „feitgelegt” fei, jo fan man aud) dieje Anlagen, die jic) zu immer den gleichen Sormen von Eigenjhaften umjeßen, als „Derfejtigungen” innerhalb des fonjt zu vielerlei Möglichkeiten noch offenen Charakters anjehen. Die Initanzen haben jich damit verjchoben, — das Id, das in vielem jeine Anlagen nod) nad) jeinem eigenen neuen „Individualitil” zu Eigenjhaften ausformen farın, jieht ji) in bezug auf dieje Anlagen vor bereits fejtliegende Entwidlungsprozejje geitellt. Richtiger vielleicht, es hat dieje Anlagen von vornherein als Eigenjdhaften in ji. — Es wäre aber arundfalih und widerjprähe der ganzen Erblehre (und ihrem Sundamentaljag vom Unterjchied der Phänotyps und Genotyps), wollte man den Begriff des Dererbten nur auf dieje Anlagen erjtreden, die im Dhänotyp immer in der gleichen Sorm erjcheinen. Und audy der Gegenjag von „frei” und „un= frei“ läßt fich nur mit einer im Grund bedenflichen Begriffsverjchiebung anwenden. Denn genau jo wenig, wie ein charafterlih erjtarrter Greis eigentlich „unftei" genannt werden Tann (weil jein wollendes Ih ja jolidarijch ijt mit jeiner jtarren Gejamtheit), jo wenig fann ein Menjd) im jtrengen Sinne unfrei genannt werden, dejjen Ichheit jelbjt auf zum Teil jtarren, feitgelegten Sundamenten ruht.

Dies ijt mebr als ein Dergleich. Und damit fei diejes Kapitel mit einer perjönlihen Mutmahung abgejhlojjen, die zugleich die Brüde jclägt zu derjenigen Auffaljung des Seelenbegriffes, die wir aus den verjchiedeniten Syjtemen in diefem Buche abzuleiten verjuchen:

Charakter ijt (— wie wir 5.7 zuerjt ausführten und dann des öfteren wiederholten —) ein Prozeß der wachjenden Ausprägung, der zunehmen= den Derfeitigung, Konturierung und damit auch Deräußerung. Denn das Außen, die Außendinge find alle geitalthaft fahbar. Auf fie zu wirken, jid) in jie bineinzubauen, ijt das Ziel des Lebens. Darum finden wir alle jeine flaren Geitalten in der Begegnung mit diejem Außen. (Klages zitiert den genialen Sat von Novalis: „Der Sit; der Seele it da, wo jid) Innenwelt und Außenwelt berühren.“) Nur an diejen Endausprägungen haben wir etwas wirflich „handfejt“ Greifbares, — je weiter nad) innen, um jo mehr „Mög-