Das Nordlicht. Bd. 1-2

INE Erläuterung der Idee des Nordlichtes, wie sie im

Gedicht gestaltet wurde, kann nur durch ein paar einleitende, autobiographische Sätze versucht werden. Autobiographisch, in einem gleichnishaften Sinn, ist nämlich auch die Diehtung, besonders in ihrem ersten Teil: sie gibt das Emporleuchten der Vision, ihr Wachstum und Gedeihen, ihre hervorgreifende Verbreiterung. Bleiben wir zuerst beim ursprünglich visionären, nicht beim verdichteten Erdämmern der urweltlichen Anschauungen, die in diesem Werk zur Hämmerung gelangten. Um die Rlarlegung durchzuführen, muß ich aber beinah in meine naive Kindheit zurückschweifen: etwa ins 14. Lebensjahr. Meine Eltern waren durchaus aufgeklärte Menschen. Auch unser Bekanntenkreis gehörte der radikalen Richtung an. Dienstboten wußten das und versuchten meine Einbildung mit Katholizismen zu beschäftigen. Dadurch entstand in mir, einem religiös veranlagten Kind, ein großer Konflikt: der entscheidendste fürs ganze Leben! Oft fragte ich Verwandte um tiefere Gründe des Lebens: natürlicherweise konnte ich da nichts erkunden; man war immer mit der einfachsten Antwort bereit: du bist noch ein Kind und kannst das nicht verstehen! Der Eifer der Katholiken begeisterte mich wohl, ich blieb aber auch ihm gegenüber argwöhnisch, irgendwie witterteich die Kulissen, den Bühnenbetrieb ohne eigentlich handelnde Person, in einem großen Passionsschaustück, das von Feiertag zu Feiertag das ganze Jahr beherrschen kann. Einmal beschloß ich ganz ernst, in der Richtung, die mir die Erziehung meiner Eltern wies, zu forschen! Mein Gemüt neigte zur Mystik, aber ich glaubte trotzdem nicht. Ganz klar stand es vor mir: alles Leben kommt von der Sonne. Meine Zweisprachigkeit — ich bin Triestiner — kam mir da zustatten. Im Italienischen heißt es: il sole (männlich), la Juna (weiblich) ; ich verglich und entschied mich

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