Das Nordlicht. Bd. 1-2

Jetzt will sich die Anmut vollendet genießen, Dazu ihre Ruhe im Meere vertiefen:

Ein Spiegel erscheint! Alle Brisen zerfließen, Als ob nun die wogenden Seewünsche schliefen.

So gleicht nun der Tag einem ruhenden Löwen,

Mit goldig zerstrahlender, sonniger Mähne.

Ganz still ist das Meer. Und fast suchen es Möwen. Es ist, als ob jede im Äther sich wähne.

Erschreckt durch ihr Eigenbild flattern sie weiter, Um irgendwo Winde und Wogen zu finden.

Es reckt nun Poseidon, gewaltig und heiter,

Sein Haupt aus der See: — alle Zweifel verschwinden.

Die Stirne des Gottes ist gar nicht umzogen.

Im Bann seiner Blicke bestätigt sich alles! Bedächtig und ernst wird die Schöpfung erwogen: Er denkt an die Kinder des klaren Kristalles.

Da leuchten die Algen und Aderkorallen,

Die leiblos, fast todesverschont, sich vermehren: Dort wandeln sich Schwämme und farbige Quallen, Die hinschwimmend Leiden und Jubel entbehren.

Es ist das kein Leben, voll Trauer und Schauer, Wo Leibes- und Todesorkane sich hetzen!

Das Wasser ist schwanger an Schwere und Dauer Und mag sich in klare Betrachtung versetzen.

So horehen Tritone dem Chore der Horen:

Sie spielen den Sonntag auf goldnen Trompeten. Hier gehn keine himmlischen Hymnen verloren, Die herrlich der Leier Apollos entwehten.

Jetzt dringt aus den Liedern ein lustiges Trillern, Ein schalkhaftes Trällern zufriedener Kinder:

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