Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation
korrelatiren Immanenz, der Wesensursprünglichkeit, des logos etc.
Daß Eckhart nicht im strengen Sinn Scholastiker war, ist durch die Forschung seit je sowohl positiv wie negativ behauptet und erhärtet worden. Man glaubte ihn vielmehr adaequat durch den Begriff des Neuplatonikers bezeichnen zu können, und eine große Anzahl von entscheidenden neuplatonischen Begriffen und Vorstellungsweisen in seinen Schriften läßt sich dafür ins Feld führen. Fine unvoreingenommene Betrachtung des systematischen Zusammenhanges seiner Theologie führt aber zu dem scheinbar paradoxen Ergebnis, daß Edkhart kein Neuplatoniker ist, so sehr er vom Neuplatonismus beeinflußt ist und so viel gedankliche Motive und terminologische Wendungen er ihm verdankt. So wie er die scholastische Ontologie überwindet, so überwindet er auch die ontologische Emanationslehre des Neuplatonismus. Eckhart deutet die Emanation zur Deduktion um und ersetzt die Mannigfaltigkeit von auseinander emanierenden heterogenen Seinstufen durch eine einzige Emanation homogener Art im Sinn einer logischen Begründung und einer logischen Selbstreflexion, von denen diese sich nur vermittelst jener vollziehen kann: der Geist kann nur in sich selbst schauen am Gegenstand der Welt. Die Welt als Dasein aber begreift Eckhart nicht mehr als unterste Emanationsstufe, sondern als das reine Nichts, als Privation, das erst durch eine „Emanation” d.i. eine logische Bestimmung, durch Teilhabe, überhaupt existent werden kann. Die Welt ist also nicht das Endglied in einem doch irgendwie homogenen weil kontinuierlichen Prozeß des Abstieges, sondern sie kommt überhaupt gar nicht darin vor, weil sie das reine Nichts ist, das grundsätzlich Andere, nicht das spezifisch Unterschiedene. Das Motiv des Nichts ist bei Plotin zwar in gewissen Ansätzen da. wenn er die Materie als das Urschlechte als Privation und Konträrbegriff zum Guten bestimmt, aber es hat doch bei ihm nicht die systematische Prägnanz und steht in einem anderen Zusammenhang und an einem anderen Ort des Systems, weil es Endglied eines Kontinuums ist.
Ec&hart ist vielmehr Platoniker; nicht so sehr im Sinn eines unmittelbaren geschichtlichen Schülerverhältnisses. sondern in der systematischen Bedeutung, daß seine Theologie aus platonischem Geiste konzipiert ist, denn die direkte Platokenntnis Eckharts scheint nach den vorliegenden Texten nicht sehr weitreichend gewesen zu sein’). Seine Kenntnis des platonischen Denkens ist wohl im Wesentlichen vermittelt durch die johanneischen Schriften.
®) An folgenden Stellen wird Plato direkt erwähnt:
III 415. 19, IV 361,14: Den. 551,22, Den. 567,19: Sp. 6,28, Geyer 30,5; Pf. 58 bei Jostes 71,12: Pf. 81: 261, 21.