Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation
einzig und allein durch die humanitas erkannt. Er fügt bezeichnenderweise hinzu, um die grundsätzliche Allgemeinheit seiner These zu betonen: nemo novit iustitiam nisi iustus, nec patremnisifilius. Die Substanz und Ordnung des Seins und die des Erkennens ist als völlig gleichartig gesetzt. Beide werden noch als etwas Verschiedenes empfunden ihrem Dasein nad, aber ihrem Wesen nach müssen sie gleich sein, da sonst eine Verbindung zwischen ihnen nicht möglich wäre“). Durch diese Gleichsetzung fällt die scholastische Unterscheidung von Erkenntnisbild (species) in der Seele und forma im Ding und die Seins- wie Erkenntnisbegründung geschieht durch das Erkenntnisbild. Thery bemerkt dazu charakteristischer Weise”), Edcharts Auffassung sei richtig, wenn es sich handeln würde um eine „connaissance experimentale“, wenn das Erkennende das Erkannte im Geist entwirft. Das ist aber das Entscheidende, daß Eckhart die Erkenntnis grundsätzlich und allgemein als „experimentell“ auszeichnet, was sich aus dem erklärenden Vergleich durch die Relation iustitia — iustus ergibt, daß die Erkenntnisbegründung die Seinsbegründung selbst ist. Wie hier der Formbegriff in den der species, der ratio im Geist des Menschen und damit immanent in den der ratio schlechthin (iustitia!) umgedeutet wurde, so werden wir gelegentlich der Erörterung der propositiones sehen, wie das Schema forma — materia durch die Nebenordnung mit anderen Relationsschematis eine grundsätzlich neue Sinngebung zum rein „Logischen“ hin erfährt.
Über das Verhältnis der Zuordnung der Allgemeinbegriffe zu den Einzelbegriffen spricht sich Eckhart nirgends deutlich aus. Er erwähnt einmal das traditionelle scholastische Schema von causa prima und causa secundaria, welch letztere ihre Wirkkraft von der ersteren erhalte (Den. 544,19 ff). Gelegentlich der Erörterung des Gottesbegriffes werden wir sehen, daß der Allgemeinbegriff esse der Einheitsbegriff der Mannigfaltigkeit der Be-
) TV 505,7: sicut nullus potest esse iustus sine iustitia, sie nemo potest scire iustitiam nisi per iustitiam et in ipsa iustitia: et sie universaliter unumquodque sicut habet esse per speciem suam solam in natura, puta homo humanitate, sie et cognoscitur unumquodque in sola specie sui ipsius in anima cognoscentis: puta ut prius, homo sola humanitate cognoscitur. Hine est illud quod simile simili cognoseitur, et quod supra dietum est quod nemo novit iustitiam nisi iustus nec patrem nisi filius. Hoc est etiam quod ait Aristoteles „quod sicut res se habent in esse, Sic se habent in veritate et in cognitione“. Sie ergo sensum Dei nemo potest scire nisi per spiritum et in spiritu Dei.
20, cf. IV 506 Note D.
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