Der Heilige Berg Athos : eine Symphonie. 3

fleht sind, besonders wenn seeher Bestürzung und Not droht. Gar freundlich ist heute das Kloster Iwiron; und vorbestimmt, wunderbar von der Gottmutter bezeichnet, die Stelle, auf der man es baute. Als Mohammeds Kriegsvolk in Bethlehem einfiel, kein Heiligenbild, selbst das der Allheiligsten, der hier Panagia Genannten, verschonte, begab sich ein Wunder der Wandrung. Es schwand Unsre Frau mit dem lieblichen Kind, das Bild hatte Lukas, der Heilige, selber gemalt, um Mitternacht einmal, vom heidenbedrohten Altar und nahte, das Meer überflügelnd, bei Sturm, den Mönchen am Heiligen Berg. Kein Fischer war draußen auf See, und Grottenbewohner, auch Mönche, befestigten Schiffe am Strand oder zogen sie höher hinauf, damit sie nicht Giergischt erreichte. Da plötzlich erschien das entflohene Bild; den Weg über Wellen erkannten gar deutlich zwei brennende Kerzen: der herrlichen Mutter erglänzte ein Stern ın den Haaren; in Windeln der Sohn strahlte hold und war eine winzige Sonne. Am Strand sanken Mönch und Beflißner bei Schiffen, in dankbarer Andacht und Angst in die Knie. Ein tollkühner Bursche jedoch warf sich jäh in die rasende Flut, rasch das Wunder zu haschen: flugs hatte er tauchend das Bildnis erreicht, doch wie ers erfaßte, wars fürchterlich schwer. So schwamm er zurück, doch als seine Füße den Sand wieder spürten, hob er das kommende Bild auf die Schultern und trug es auch furchtlos vier Schritte: dann schwanden ihm beide geleitenden Lichter, das Antlitz der Mutter verblaßte, des Kindes sichtbringender Blick war dahin, bloß dumpfe, unendliche Last bedrückte den Nacken. Er sollte ertrinken, beinahschon amLand! Und wozu? Er war doch gar mutig und eifrig im Glauben!

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