Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17., S. 364

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thre Artillerie aufge fak -

320 Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Die beiden Operationsziele von Riga und Jaïtobſtadt

galten niht nux militäriſ<h als mächtige und ſichere ruſſiſhe Anlagen, ſondern ſie ſchienen au< geographiſ<h zur Ver-

teidigung geradezu muſterhaft geeignet. Wie im Norden der Tirulſumpf vor Riga, ſo lagern ſi< au< vor Jatobſtadt ſ<hüßende Sümpfe um den dex Düna zuſixömenden Suſſeïibah. Am Oberlauf des Suſſei und ſeines Nebenfluſſes, des Suſſeï Maly, ſind ſie ſo tief und unwegſam, daß dieſer Südteil des ruſſiſ<hen Brü>kentopfes Kampfentwid= lungen völlig aus\<loß. Die Ruſſen hatten hiex au< nur Feldwachen weit vox ihre eigentlihen feſten Stellungen, die bei Ogalnifk wieder an die Düna herankommen, vor=geſchoben. Dieſen Südteil konnte man gar niht angreifen, man brauchte ihn aber au< nur mit ſhwachen Poſtenketten aufzuräumen, wenn man den Nordteil erobert hatte. Doh

au< im Nordteil herrſchte bis an die Bahnlinie der Sumpf=

charakter des flahen Waldlandes vor. Das ſ\cſte Erdreïh [hiebt ſi< nur în der Gegend des Doxrſes Roſhe etwas in den Sumpf hinein und hier, an dex von uns ſo genannten Roſheſtellung, wie etwas ſüdlich davon beim „Entenſ<hnabel“ ſprang unſere Stellung mit „Frontnaſen“ în die ruſſiſhen

— Linien vor. Die Ruſſen ſaßen hier überall in aufge]eßten,

gut gebauten Gumpfſtellungen und nux bei Roſhe und Rug=gait auf zwei langen ſ<malen Landzungen, die wie Brücken über den ſ{<wankenden Moorboden reihten. Hier ſchien

den Ruſſen alles ziemli< ſicher. Wohl aber erwar-

Landzungenſtellungen der Ruſſen einzuſchießen und fturmreif zu trommeln, während die weit hinten liegenden ruſſiſchen Batterien vergaſt werden ſollten. Unter bewähzter Führung gelang dieſe Auſgabe glänzend, wobei au ſ<neidige Fliegerſtaffeln dur<h Bombenabwürfe und Maſchinengewehrbeſchießung feindlicher Batterieſtelluncen kräftig mitwirften. Als Punkt fünf Uhr die Jnfanterie ihren erſten Stoßkeil mit ſcharfer Spiße in die ruſſiſhe Stellung des Dorſes Roſhe einbohrte, fand ſie in dem wüſten Trümmerund Trichterfelde kaum mehr verteidigungsbereite Lebeweſen vor und hatte ſomit nux eine Shwierigkeit, über den durch viele Regengüſſe durhweihten Lehm- und Sandboden raſh genug vorzukommen. - Dieſe Schwierigkc it vergrößerte ſih immer mehr, denn gegen zehn Uhr umDüſterte ſih der Himmel, ſ<werer Regen ging mit ganz geringen Pauſen nieder und hinderte für Flieger und Artilleriebeoba<hter die Fernſiht. Und man hatte ſi ſo dar= auf gefreut, den Ruſſen ihre Dünabrü@en zu zerſtören, um ſo die Hauptmaſſe ihrer drei Diviſionen abzuſchneiden, zum Kampf zu zwingen und gcfangen zu nehmen! So mußte eben die Infanterie ohne Wetterglü alles auf eigene Kraft ſtellen. Erſt ſpät abends, als es ſhon faſt dunkelte, konnten die tollkühnen Flieger des Abteilumgsführers, Prinzen Frie dri<h Sigismund von Preußen, no< einmal troy Wind und Wolken auffliegen und dicht über dem Erdboden hinſauſend S — dex Jnſanterie helfen.

teten fie einen Angriff entlang der Bahn, die ja einen guten Antransport der deutſhen Angrifſstruppen ermöglihte. Dagegen hatten ſie au<

ren und guteingeſchoſſen, darunter viel ſ{<were Kalibex mit dem „lancen | Max“ oder dem „einſamen Wanderer“, wie unſere Leute das \<werſte Kaliber, eïn ruſſiſches, fahrbares Eiſenbahnae= \<hüß, getauft hatten. Mit dieſen Eiſenbahnbatterien und den von den nördlihen Dünahöhen aus zu ſlankierender Wir=

Wie dur< ein Wunder brachten ſie alle ihre m hrfa<h verwundeten | Flugzeuge wieder zurü>.

Inzwiſchen hatte die Jn=fanterie glänzende Ar= beit gl iſtet. Dem exſten _Stoßÿkil, dex ſofort mit ‘einzelnen Truppen nah re<ts und linïs hin die feindlihen - Stellungen “aufräumte und mit der Spitze ſhon vorzehn Uhr das Gut Renneberg erreihte, folgte bald der zweite über die LandZunge von Ruggait; allmähli<h [<loſſen ſi< na< “genauem Plane îm Süzden vom Entenſchnabel hex und im Weſten nörd-

fung gebrachten ſ<weren Das bei Gumbinnen in Dſtpreußen errichtete Denkmal für die am 20, Auguſt 1914 li< von DET Eiſenbahn

Geſchüßen hofften die

Gefallenen des Jnfanterieregiments Ner, 61.

Stoßtruppe dem Ancriff

Ruſſen, au< den füx Die gnſhrift auf der Pyramide lautet: Zu Ehren der im heißen Ringen am 20.8. 1912 an. Am Nachmittag und einen deutſhen Angriff gefallenen Helden des Znfanterieregiments v. d. Marwi (8. Pommerſhes) Nv. 61. his în die ſpäte Na Ht

günſtigen Raumzwiſchen. :

Düna und Eiſenbahn genügend zu beherrſ<hen. Tatſächli brach, als wir am Morgen des 21. Septembers das Feuer demonſtrativ in dieſen Abſchnitten exöfſneten, eine mächtige Gegenkanonade los. Die Ruſſen dachten wohl damit einen deutſ<hen Angriff niederzuhalten — in Wirklihfeit waren die Gräben aber kaum beſeßt und man ſchritt Dort erſt viel ſpäter zum Angriff, als der Stoßkeil [hon bei Gut Renneberg ſo tief im ruſſiſhen Fleiſche ſaß, daß an eine Verteidigung hier gar niht mehr gedaht werden tonnte. Die deutſhe Führung entſhloß ſi<h im Vertrauen auf die Überlegenheit ihrer Technik und ihrer Mann)chaften zum Angriff gerade an der Stelle, wo ihn der Ruſſe am wenigſten vermuten konnte, zum Vorbre chen aus der Roſheſtellung heraus. Sie war ſehx eng und ſ{<hmal und dort,

mit einer einzigen rü>wärtigen Verbindungſtraße, in tiefer

Staffelung und Gliederung die vielen Hunderte von Geſ<hüßen und Minenwerſern einzubauen, die Tauſende von Zentnern Munition anzukarren und auſzuſtapeln, war eîn beträchtlihes Wagnis, zumal zuleßt au<h no< die Stoßdiviſionen ja auf dieſer Straße in ihre Angriſſsräume einrden mußten. Drüben in dex ruſſiſhen Stellung oab es

nur Sumpf und Moor mit Ausnahme dex beiden exwähnten -

Landzungen von Roſhe und Ruggait, die ſi<h erſt weit hinten beim Gut Renneberg vereinigen. Von dort aus gehen ſie in das wellige Gelände um Alt-Selburg über, um das die Düna in mächtiger Schleife herumfließt.

Artillerie und Minenwerſfer hatten die Auſgabe, in ganz

kurzem, nux anderthalbſtündigem Wirkungſchießen die

e

E drang man nah Norden zu vor und ſäuberte nach der Einnahme der Güter Dannenfeld und Alt-Selburg den ganzen Raum in der Dünaſchleiſe.

. Derweilen drehte der erſte Stoßteil in öſtlihe Richtung um,

überſchritt den Suſſeibah und drang auf der Straße nah Jakobſtadt vor. - Die Ruſſen wehrten ſi hier verzweifelt. Immex wiedex trieben ſie Gegenangriffe vox, aber Schrilk um Schritt wurden ſie zurü>kgeworſen. Schon am Abcnd ſprengten ſie die große Eiſenbahnbrü>e öſlih vom Gut Renneberg und dann ſlammten allmählih immer mehr Brücken und Stege uúbex der Düna auf. Auch der Stadtteil um die Brücke von Jakobſtadt brannte lichterloh und wies den Truppen den Weg. Am 22. September ſrühmorgens vier

. Uhx zogen die erſten Deutſchen ein. Sie trafen nur no<

wenige zurü>gebliebene Einwohner, die dort aus brennenden Magazinen ünd Niederlagen no retteten was zu bergen war. Drüben am jenſeitigen Dünahang lohten die Häuſer von Kreuzburg auf, das der Ruſſe abbrannte, um freies Shußfeld zur Dina herab zu bekommen. Am Abend des 22. September tonnten vie Truppen des Generalleutnants Grafen Egon v. Schmettow ſtolz melden, daß von Stokmannshof bis nah Liwenhof kein Ruſſe mehr auf demlinken Dünauſer weile, abgeſehen von rund 5000 Gefangenen. Über 50 eroberte Geſhüße waren gezählt, viele mit voller Beſpannung, was an Beute, an Maſchinengewehren, Minenwerfern, Munition und Fahrzeuaenno< in den Wäldern ſte>te und im Lehm verſa>t war,

ergab erſt tagelange Aufräumungsarbeit. Und was das ers

freuli<hſte iſt: Der Tag von Jakobſtadt war dank aller Vorarbeit ein unverhältnismäßig unblutiger Erfolg für uns.