Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution
ONE
ſollten. ſie dieſer die Pflicht unbedingten Gehorſams gegen jene unnüßen Tagdiebe einſchärfen, die ſie ſelbſt nur mit Fußtritten belohnten; ſollten ſie die Ausbeutung eines Volkes fördern, dem man ſhon das Lebte genommen; die Ausbeutung ihrer Brüder und Väter, zu Gunſten übermüthiger Praſſer, die ihren Luſtdirnen den Arbeitsertrag tauſender von Meuſchen unbeſehen in den Schoß warfen.
Und ſollten die Unteroffiziere der Armee ewig ohne Lohn und ohne Ausſicht ſih ſchinden laſſen von adeligen Gelbſchnäbeln und Laffen, die vom Dienſt nichts verſtanden und ſi< darum niht kümmerten, indeſſen den Unteroffizieren immer mehr die wichtigſte und anſtrengendſte Arbeit zufiel ?
Je mehr die adelige Anmaßung und Habſucht ſtieg, je ausſ<ließliher die Ariſtokraten ſih die guten Poſten in Armee und Kirche wahrten, deſto mehr drängten ſie Unteroffiziere und Pfarrer auf die Seite des dritten Standes. Die Machthaber ſahen freilih von dieſer Entwi>lung nihts, Dank der Pſlicht des ſtummen Gehorſams, die den Subalternen in Heer und Kirche auferlegt war. Um ſo ärger traf ſie der Schlag, als im entſcheidenden Moment, da ſie ihrer Hilfstruppen am nothwendigſten bedurften, dieſe ſih gegen ſie wandten. ;
In den Generalſtänden von 1789 war Anfangs die wichtigſte Frage die, ob die Abſtimmungen na< Köpfen oder nah Ständen ſtattfinden ſollten. Der dritte Stand verlangte erſteres — war doch die Zahl ſeiner Vertreter doppelt ſo ſtark als die jedes der beiden andern Stände. Der Adel dagegen glaubte, mit Hilfe des Klerus, die Generalſtände zu beherrſhen, wenn die Abſtimmung nah Ständen vorgenommen würde.
Ju dieſem Kampf ließ der Klerus den Adel im Stich. Unter ſeinen Vertretern zählte man 48 Erzbiſchöfe und Biſchöfe und 35 Aebte und Dechanten, daneben aber 208 Pfarrer. Dieſe ſ<lugen ſi<h in ihrer großen Mehrheit auf Seite des dritten Standes und trugen dadurch erheblih dazu bei, daß die Abſtimmung na<h Köpfen zum Sieg gelangte.
Die Armee ſollte die Niederlage des Adels wieder gut machen. Der Hof traf umfaſſende militäriſhe Maßregeln in Verſailles und Paris, die auf einen kommenden Staatsſtreih hindeuteten. Hatte man Paris niedergeſchlagen, dann hoffte man, mit der Nationalverſammlung, in die die Generalſtände ſi<h verwandelt hatten, leiht fertig zu werden. Ein Aufſtand war