Ereignisse und Operationen in Süd-Dalmatien (Crivoscie, Bocche di Cattaro) und in den angrenzenden occupirten Ländern. 1, Schilderung des Landes und Volkes und Vorgeschichte des Aufstandes : mit 2 Karten und 12 Abbildungen

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ländiſhen Cultur, und wenn man den 400 Schritte langen und ziemlih breiten Corſo betritt, welher die Stadt in zwei Theile ſcheidet, ſo erinnern au< wohl noh hie und da eine nah der lezten Mode gekleidete Dame oder ein oder mehrere Promenadefexen im ſhwarzen Salonroce an das Leben und Treiben deutſcher Städte. — Aber auch der eingeborene Raguſaner iſ no< etwas gebildeter und cultivirter als ſeine dalmatiniſhen Nachbarn; das iſt wohl dem Umſtande zuzuſchreiben, daß ſih hier der alte Landesadel concentrirt, der, obzwar verarmt, no< immer ſeine einſtige Größe zu repräſentiren beſtrebt iſt. Einſt der Mittelpunkt eines bedeutenden Jnduſtrie- und Handelsbetriebes, beſaß die Stadt eine anſehnlihe Marine. Den eigentlichen Hafen von Raguſa bildet die 1!/, Stunden entfernte Bucht von Gravoſa oder St. Croce, die, ſicher und für die größte Flotte geräumig genug, mit Magazinen und Schiffswerften verſehen iſt. — Die Küſte der Bucht, an welcher fich die Sommerfriſchen der vornehmen Raguſaner ausbreiten, bietct mit ihren Orangerien und Granatapfel-Pſlanzungen im Gegenſatz zu den wilden Bergen der benachbarten Suttorina, dem ehemaligen * Aufenthalte des Bandenführers Luca Vukalovich einen erqui>enden Anblick. Der Fle>en oder Weiler Altraguſa, das alte Epidaurus, wurde 589 v. Ch. von griechiſhen Anſiedlern gegründet und iſt jezt ein ärmlihes Dorf mit circa 900—1000 Einwohnern, die ſih größtentheils von der Schwammfiſcherei ernähren.

Raguſa hat eine wechſelvolle hiſtoriſche Vergangenheit. Kurz nach deſſen Gründung dur Flüchtlinge aus Altraguſa, 656 n. Chr., famen die Treburier, ein ſlaviſcher Volksſtamm, welcher die Neuerſtandene beinahe vom Grunde aus zerſtörte. Jm 13. Fahrhundert bildete ſich die Stadt nah dem Vorbilde Venedigs zu einer ariſtofratiſhen Republik um, an deren Spiße ein Rector geſtellt ward. 1358 unterordnete \ih die kleine Republik den Geſeßen Ungarns und ſtellte ſih definitiv unter deſſen Schuß, machte ſih aber einige Fahre ſpäter auch der Pforte tributpflichtig. . . . Ju ihrer höchſten Blüthe ſtand die Stadt in den Jahren 1427 bis 1437, wo ſie 35.000 Einwohner zählte. Das Gebiet der Republik betrug nie mehr als 25 Quadratmeilen. Durch die Peſt in den Jahren 1548 und 1562 heimgeſucht, ſchwand ihre Größe zuſehends, und als 1667 ein fur<tbares Erdbeben die Stadt in einen Trümmerhaufen verwandelte, da war es mit ihrer Herrlichkeit zu Ende, ſie vermochte ſih niht mehr zu erholen. Unter Napoleon kT. wurde im Fahre 1805 das Gebiet unter dem Vorwande verleßter Neutralität von