Ereignisse und Operationen in Süd-Dalmatien (Crivoscie, Bocche di Cattaro) und in den angrenzenden occupirten Ländern. 1, Schilderung des Landes und Volkes und Vorgeschichte des Aufstandes : mit 2 Karten und 12 Abbildungen

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Wie weit der Montenegriner in der Bildung zurü> iſt, erweiſt der Umſtand, daß ein Mann, welcher leſen und ſchreiben kann, allgemein als ein Gelehrter gilt und als ſolcher geſhäßt und geehrt wird.

Was die Sitten der Bewohner der {warzen Berge anbelangt, fo muß ih auf das im früheren Capitel Geſagte verweiſen. Es iſt von einem auf einer ſo tiefen Culturſtufe ſtehenden Volke nihts Anderes zu erwarten. Die Blutrache hat noh bis in die lette Zeit ihre Geltung behalten, und vergebens ſuht man nah einem Artikel in dem Codex der montenegriniſhen Strafgeſeze. Aus der Uebung des Gebrauches der Blutrache aber entſtehen wilde blutige Fehden zwiſchen den Bewohnern ganzer Ortſchaften, denen nur durh Beilegung von außen oder dur< Schiedsgerichte (Kmeti), welche die Sache genau unterſuchen, ein Ende gemacht werden kann. Jm Falle eines Mordes muß ſi< dann der Thäter zu feierlicher Abbitte entſ<ließen. Der Mörder muß vor dem Stellvertreter der Familie des Ermordeten innerhalb eines großen, von Nichtern und Publicum gebildeten Kreiſes niederknieen; der Stellvertreter hebt jeßt den Erſteren auf mit den Worten: „Gott verzeihe Dir!“ Alles iſt dann vergeſſen, die Umſtehenden erheben ein Freudengeſchrei und verſammeln ſih zu einem auf Koſten des Mörders veranſtalteten Gaſtmahl.

Beiſpiele von ehelicher Untreue ſind höchſt ſelten; kommen aber dennoch derlei Verirrungen vor, fo werden ſie auf das ſtrengſte geahndet. Hat der Mann Beweiſe von der Untreue ſeines Weibes, ſo- ſteht ihm das Recht zu, ſie auf der Stelle zu tödten; ein Mädchen, welches ſih verführen läßt, wird geſteinigt, und zwar wirft der eigene Vater auf ſie den erſten Stein. Ein Dieb muß den ſiebenfachen Werth des Geſtohlenen erlegen; oft wird die Wiedererſtattung des Geſtohlenen insgeheim dur< Vermittler abgemacht, ſo daß der Beſtohlene gar niht den Namen des Diebes erfährt.

Die Montenegriner, allezeit kampfluſtig, tragen immer, auh ſelbſt im friedlichen Verkehre, ihre Waffen, Buſchka (das lange Gewehr), Piſtolen, Handſhar und Patrontaſhe bei ſih. Jn Stunden der Muße üben ſie ſi<h im Schießen nah einem beſtimmten Ziele, daher ihre außerordentliche Geſchicflichkeit und Trefffähigkeit. Hunger und Entbehrungen aller Art erträgt der Czernogorze mit Gleihmuth und Ruhe. Jm Klettern hat er den Muth und die Geſchi>klichkeit der Gemſe, er ſ{hwingt ſi<h ohne Mühe über Schluchten und Klüfte, wobei ihm in der Regel ſeine lange