Ereignisse und Operationen in Süd-Dalmatien (Crivoscie, Bocche di Cattaro) und in den angrenzenden occupirten Ländern. 1, Schilderung des Landes und Volkes und Vorgeschichte des Aufstandes : mit 2 Karten und 12 Abbildungen
_—_—— 97
und vielleiht 7 Meilen breite Ländchen iſt ſo von Felſen umringt vnd durchzogen, daß es eine ungeheure natürliche Feſtung genannt zu werden verdient, daher die Einwohner ſcherzhaft ſagen: „Als Gott einſt die Berge über die Erde ausſäete, zerriß bei Moutenegro der Sa>.“ Das Klima iſ rauh, aber tro>en und geſund, daher die Eingeborenen ein ſehr hohes Alter erreihen. Jh kannte einen ſogenannten „Knäs“ (Häuptling), welcher 102 Fahre alt, den Weg von Njeguſh bis Cattaro alle Woche einmal zu Fuß zurü>legte. Dabei trug er wie jeder Andere ſeine Waſſen, ſeinen Munitionsbeutel und Proviantſa> und ſchritt rüſtiger aus, als man< ein vierzigjähriger Mann in civiliſirten Städten. — Sie leben in Dörfern, deren bevölkertſte circa 1000 Seelen zählen, ebenſo wie einſt vor vielen hundert Fahren. Wild und ungeberdig mochten ſie fich nie an ein rein monarchiſhes Regierungsſyſtem gewöhnen. Ein großer Theil des Volkes lebt, den Troglodyten gleih, in Erdlöchern und Felſenhöhlen, welche dur<h eine wenig künſtlihe Bearbeitung zu Wohnräumen für Menſchen umgeſchaffen wurden. Aber auh ihre Häuſer ſind von einer ſehr primitiven Geſtaltung. Meiſt ohne Mörtel aus unbehauenen Felsſtücken aufgebaut und mit Stroh bede>t bieten ſie gerade ſo viel Schuß, daß ihre Bewohner nicht gänzlich den Einflüſſen der rauhen Elemente ausgeſeßt ſind. Von einer Bequemlichkeit kann hier natürli<h keine Rede ſein, und mit dem Montenegriner verglichen, beſizt der Walache, welcher mit ſeinem Vieh gemeinſchaftlih in unterirdiſchen Hütten hauſt, ſhon die größte Commodität und Behaglichkeit. Ein montenegriniſhes Haus enthält gewöhnli<h nur zwei Räume, von denen der eine als Stall, der andere, und zwar der mit den Schädeln ſeiner Feinde verzierte Theil des Hauſes, als Wohnung dient. Der Montenegriner treibt den A>erbau nur für ſeinen eigenen Bedarf; zu dieſem Behufe iſt ihm ein Pflug entbehrlih, er wühlt den ſteinigen Boden einfa mit dem Spaten auf, vertraut dann das Samenkorn der Erde, unbekümmert ob es aufgehe oder niht. Seine Schaf- und Ziegenheerden gehen ihm über Alles, machen hingegen auch ſeinen einzigen Reichthum aus. Wegen Futtermangel wird zur Winterszeit ein Theil der Heerde in Cattaro auf dem Bazar verhandelt, doch verſteht der Montenegriner den Abgang im Frühjahre wieder auf eine billige Weiſe zu erſehen, indem er entweder den türkiſchbosniſchen Nachbarn oder ſelbſt dem Käufer ſeiner verhandelten Schafe dieſelben wieder wegtreibt, wobei es in der Regel kleine Gefechte, wie in einem früheren Abſchnitte erwähnt wurde, abſeßt.