Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

B. Öſterreichs orientaliſche Politik. 103

bald ſeinen Höhepunkt erreichte, wiederholte das Schauſpiel des fruchtloſen Liebeswerbens um Öſterreichs werktätiges Wohlwollen. Milos ließ in Wien um die Unterſtüßung ſeines Volkes mit Waffen und Schießmitteln flehen; er verſicherte, die Serben wären für Kaiſer Franz von innigſter Ergebenheit erfüllt und von dem Verlangen durchdrungen, unter Öſterreichs Schuß zu ſtehen. Die Bitten an den „Allerhöchſten Monarchen des Chriſtentums“ verhallten ungehört, und das kleine Volk mußte ſeinen hochgeſpannten Hoffnungen entſagen. Es blieb weiter unter der Herrſchaft der Türken, und erſt ſpäter brah das Morgenrot einer beſſern Zeit ein.

Jn den Tagen, da die Fürſten und Diplomaten in Laibach hohen Rat hielten, wurde die Aufmerkſamkeit Europas wieder ſtärker nah dem Oſten hingelenkt. Die Griechen waren ſeit langem der Vergewaltigung durch die Türkei überdrüſſig und von dem glühenden Verlangen nah Unabhängigkeit beſeelt. Jm geheimen arbeiteten ſie planmäßig auf den Sturz des widerwärtigen Regimes hin, bis die Leidenſchaft mit einem Male zum Ausbruche kam. Allerdings wurde die Fahne des Aufruhrs zuerſt in den Donauländern gehißt. Jm März 1821 überſchritt Alexander Ypſilanti den-Pruth, und bombaſtiſche Schriftſtücke zeigten an, daß der erhebende Augenblick der Befreiung für das Volk von Hellas gekommen ſei. Metternich legte dieſem Ereignis nicht viel Bedeutung bei. Verächtlich ſprach er von einer Empörung des ſ{<le<ten Geſindels. Die näheren Mitteilungen, die er erhielt, ließen ihm aber die Angelegenheit ernſter erſcheinen. Jndes, ſeine Zuverſicht wich nicht, und er gab ſich der Überzeugung hin, daß der Sultan ſhließli<h das Feld behaupten werde. Fmmerhin meinte er um dieſe Zeit: „Was im Oriente vor ſih gehen kann, entzieht ſih der Berechnung. Vielleicht iſt nur wenig daran. Über unſere Oſtgrenze hinaus zählen 30 000 bis 40000 Gehenkte, Erwürgte, Gepfählte niht viel.“ Seine erſte Sorge war es nun, den Zaren Alexander von übereilten Schritten zurückzuhalten. Am 14. März fand eine denkwürdige Unterredung ſtatt, die dem öſterreichiſchen Staatsmanne volle Genugtuung bereitete. Alexander beteuerte ſeierli<h, an den bisherigen Grundſägzen feſthalten zu wollen und jede Revolution zu verdammen. Der Kaiſer ſprach ſo vortrefflich, daß die Anweſenden, wie Genz berichtet, tiefe Rührung ergriff. Als Äußerungen der Bewunderung für den ruſſiſchen Herrſcher laut wur= den, rief dieſer ſ{<wungvoll aus: „Nicht an mich, ſondern an Gott müſſen Sie Jhre Worte richten ; |venn wir Europa retten, ſo hat er es gewollt!“ Alexander verurteilte entſchieden das Auſtreten Yyſilan=