Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

C. Das Jahr der Umwälzungen. x 117

lipp, der ſich in ſeiner neuen Stellung nicht ſicher fühlte, mußte das Wiedererwachen des überſ<hwänglichen Napoleonkultus mit Sorge verfolgen. Denn noch lebte der, der berufen war, das Erbe des Gefangenen von St. Helena anzutreten: der Herzog von Reichſtadt, der Sohn des Kaiſers Napoleon und Enkel des Kaiſers Franz wurde in Wien erzogen. Auf ihn bli>ten die Anhänger Napoleons; er war ihre große Hoffnung, ihr Troſt, er ſollte ihr Retter ſein. Der ſchöne, leidenſchaftliche, ſ<hwärmeriſche und ach ſo kranke Jüngling mußte jezt gar als Schre>mittel für den Herrn in den Tuilerien dienen. König Ludwig Philipp gab auch ein wenig nah. Jn Modena und Parma — hieß es nun in Paris — werde man das Erſcheinen der öſterreichiſchen Truppen nicht verhindern. Dem Kirchenſtaate aber möchten die kaiſerlichen Regimenter ferne bleiben; man ſolle es lieber verſuchen, mit der päpſtlichen Kurie über Reformen zu verhandeln, die das Volk befriedigen und zum Gehorſam zurü>kführen können. Dieſe Vorſchläge ſtörten die Wiener Regierung niht. Jn Modena und Parma wurden die Aufſtändiſchen gewaltſam niedergeworfen, während die öſterreichiſchen Truppen die revolutionäre Regierung aus Bologna vertrieben und dann in Ancona, wohin ſie ſich geflüchtet hatte, zur Waffenſtre>ung zwangen. Jn Frankreich geriet man de3=halb in higzige Aufregung. Dennoch wagte Perier als Miniſterprüſident eine leidenſchaftloſe Programmrede zu halten. Er verurteilte alle Bemühungen, die italieniſhe Revolution von Frankreich aus direft zu fördern und rief aus: „Wir geſtehen keinem Volke das Recht zu, uns zu zwingen, für ſeine Sache zu kämpfen. Das Blut der Fran=zoſen gehört nur Frankreich!“ Aber er forderte immerhin als un=erläßliche Bedingung des Friedens, Öſterreih möge ſeine Truppen aus dem Kirchenſtaate zurückrufen. Jn einem Geſpräche meinte der franzöſiſche Kabinetts3chef, daß die Ablehnung dieſes Wunſches den Krieg bedeuten würde. Metternich ließ ſich nicht einſchüchtern ; trog=dem zog Öſterreich das Militär teilweiſe nah dem Po zurü>. Nur Ancona und Bologna blieben weiter bewacht. Dagegen ging man jeht in Wien auf den Vorſchlag ein, über die Beſeitigung der ſchreienden Mißſtände im Kirchenſtaate zu beraten.

Jm Jahre 1831 verſammelten ſi< in Rom die Geſandten, um die zu verlangenden Reformen zu beſtimmen. Metternich hatte ſich ſhon vorher beſchwichtigend geäußert: „Es beſteht ebenſowenig Gefahr, daß der Heilige Vater ſich in liberale Zugeſtändniſſe ſtürzen werde, wie daß wir ihm romanhafte Ratſchläge geben kön=nen.“ Dem Papſte aber ſchien auch das zu viel, was die Geſandten