Geschichte der französischen Revolution
24 II. Kapitel. Die Konſtituante.
bevölkerung damals auf einem höheren Niveau geſtanden als vielfa<h no< heute, ſo ſind Vorlagen benußt, die von den Bourgeois, namentli< von Advokaten, dem ſtaunenden Landmann vorgeleſen und bei der Wahlagitation aufoktroiert wurden. Aber faſt nie ſind die Modelle ſklaviſ<h kopiert, ſondern zumeiſt den örtlichen Verſchiedenheiten angepaßt. Auch an Broſchüren iſt in der Seit vor der Eröffnung der Reichsſtände kein Mangel. Die berühmteſte hat den Abbé Sieyès zum Verfaſſer und beantwortet mit volkfstümliher Kürze die Fragen: „Was iſt der dritte Stand ? Nichts. Was ſoll er ſein ? Alles. Was kann er werden ? Etwas.“ So wenig aber die Abſtimmung des dritten Standes nah Köpfen, die Sienyès verlangte, überall gefordert ward, ſo wenig hat der Abbé in einer zweiten Flugſchrift ſih gegen die Privilegierten ſ<hle<tweg gekehrt; er will nur den Sturz des Abſolutismus, der ſhon zur Seit der verfaſſunggebenden Verſammlung erreicht war.
IL Kapitel. Die Konſtituante.
Aulard, histoire de la rev., T. I, chap 3—6. Derſelbe, les orateurs de l’assemblée constituante (1882) und études et lecons sur la révolution française 1893. Taine, la révolution I. l’anarchie (1878). Stern, Das Leben Mirabeaus (1889), 2 Bde. Erdmannsdörffer, Mirabeau (Monographien zur Weltgeſhi<hte Bd. 13). Lenz, Die Vorbereitung der Slu<ht Ludwigs XVI. (Hiſt. Seitſhrift 72).
Nachdem tags vorher die Abgeordneten und der ganze Hof einem feierlihen Gottesdienſte in der Kirche des heiligen Louis „_ in Verſailles beigewohnt hatten, fand am 5. Mai 1789 in der Salle des Menus, die heute niht mehr erhalten iſt, die Eröffnung der Ständeverſammlung ſtatt. Von den 1214 Abgeordneten (308 aus dem Klerus, 285 aus dem Adel, 621 aus dem Bürgerſtande) waren nit alle erſchienen, da die Wahlen no< niht überall ſtattgefunden hatten. Im oberen Teile des Saales, inmitten einer Eſtrade, ſaß Ludwig XVT. unter einem rieſigen Baldachin von veilhenblauem Samt, der mit goldenen Lilien beſtreut und mit langen goldenen Franzen verziert war ; zu ſeiner Linken die Königin in violettem Gewand mit weißem ſilbergeſti>tem Ro>, eine Reiherfeder und ein einfahes Diamant-