Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

130 Neueſte Geſchichte. 1. Zeitraum

"Direktorium hatte ſi< in ſolchem Falle für den ihm entſprechendſten

- Kandidaten erklärt, und ſeine Wahl allein als gültig anerkannt. Eine große Menge der im Sinne der Regierung aus8gefallenen Wahlen waren von der Minorität , wobei ſich deren numeriſche Schwäche in den Wahlz follegien unwiderleglih herausſtellte , vollzogen worden.

Das Direktorium fühlte, bei dem zunehmenden Mangel an Popu= larität im Innern, die Nothwendigfeit, die Nation durch auswärtige Unter= nehmungen zu beſchäftigen, und dadurch deren Aufmerkſamkeit von den heimiſchen Zuſtänden abzulenken. Es wurden zugleih auf dieſe Art die Generale, welche ſich in die ſtaatlichen Verhältniſſe einzumiſchen geneigt geweſen wären, aus Frankreich entfernt, und die Armeen auf Koſten des Auslandes unterhalten. Auf das Völkerrecht ward hierbei von dem Direktorium nicht die geringſte Nücfſicht genommen. Das Direktorium licß Aegypten, obgleich ihm die Pforte keine Veranlaſſung zu einem Bruche gegeben hatte, mit Krieg überziehen. Sein unſicheres Verhältniß zu Oeſterrei bewog es, Preußen zu ſhonen und ihm zu ſhmeicheln, und Sieyès, mit der Beſtimmung, den König Friedrich Wilhelm ITT. von jedemBündniſſe gegen die Republik zurüczuhalten, als Geſandten nah Berlin zu ſchi>en (Junius 1798). Wahrſchemlich wollte es dadurch zugleich Sieyès, der für cinen läſtigen Beobachter, und für das erſte politiſche, wie Bonaparte für das erſte militairiſche Talent galt, aus ſeiner Nähe entfernen. Aber nicht vamit zufrieden, die Gränzen der Republik bis zum Rhein ausge= dehnt zu haben, wollte das Direktorium auch die franzöſiſchen Verfaſ= ſungsformen, ſo viel als möglich , andern Staaten auflegen , und Frank= rei mit einem Gürtel von abhängigen Töchterrepubliken umgeben. Die Wirkung des, unter dem Konvent, im franzöſiſchen Volke erwachten krie= geriſchen und erobernden Geiſtes war au< unter einer ſ{<wachen Re= gierung ſo nachhaltig geblieben, daß dieſer Plan eine Zeit lang mit überraſchendem Exfolge ausgeführt wurde.

11. Sturz der päbſtlihen Regierung und Gründung einer römiſchen Kepublif.

Die Abtretung der Legationen, des fruchtbarſten und einträglichſten Theiles des Kirchenſtaates, im Frieden von Tolentino, hatte die ohnedies fraftloſe päbſtliche Regierung vollends gelähmt. Es fehlte ihr an Geld, und bald au< an Macht, um die Ordnung in ihrer nächſten Nähe, in