Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Schwäche der cisalpiniſ<hen republik. 131

Nom felbſt, aufreht zu erhalten. Pius VI. war in früheren Jahren populair geweſen, und hatte, wie der Verſuch die pontiniſhen Sümpfe aus: zutro>nen, und andere gemeinnützige Unternehmungen beweiſen, Sinn für Verbeſſerungen gehabt. Aber er war mit zunehmendem Alter ſtumpf gewerden, und unter den Einfluß ſeiner von ihm ſehr bereicherten Neffen, der Braschi, und einer mit dieſen zuſammenhängenden Camarilla gefallen. Die Gunſt des Volkes hatte ſi zulebt gänzlich von ihm zurü>gezogen.

Die Hoffnungen, welchen ſich die Italiener, bei Bonaparte's erſtem Auftreten in ihrem Lande, für ihre Freiheit und ihr Volksthum hingegeben hatten, waren allerdings niht in Erfüllung gegangen. Abgeſehen von den Drangſalen des Krieges, den außerordentliher Steuern und Lieferungen, der Entführung von Kunſtwerken und Koſtbarkeiten aller Art durc die Franzoſen, war die altberühmte Republik Venedig, von welcher italieniſche Sprache und Sitte in Iſtrien, Friaul, Dalmatien ge= gründet, und in der Levante verbreitet worden, verſ<hwunden. Die neu entſtandene cisalpiniſche Republik, ohne Wurzel im Volke, ohne Erinnerungen, ohne Selbſtſtändigkeit, hätte in keinem Falle die, dur das Ueberlaſſen Venedigs an Oeſterreich, in der italieziſhen Nationalität entſtandene Lie ausfüllen können, wurde aber außerdem no von den Franzoſen jedes Schattens von Unabhängigkeit beraubt, und wie zur Luſt von ihnen gedemüthigt und gemißhandelt, Dieſelbe mußte ein franzöſiſches Heer von 25,000 Mann, mit einem Aufwande von 18 Millionen Fr. jähr= li, auf ihrem eigenen Gebiete, unter dem Vorwande, daß ihre Verthei= digungsmittel niht ausreihten, unterhalten, und ihre Staatsmänner waren , wenn ſie ſi< niht allen, von Paris aus an ſie geſtellten, Zumuthungen augenbli>li<h fügten, mit Abſeßung und ſelbſt mit Verhaftung bedroht *).

Indeſſen war die allgemeine Lage und Stimmung eines großen Theiles Europa's den neuen Ideen, au< wenn ſie mangelhaft vertreten wurden, günſtig. Die Formen der Freiheit täuſhten die Einen über deren Leerheit, und ließen die Anderen, denen dieſer Uebelſtanv nicht entging, deren einſtige Crfüllung, die unter den früheren Zuſtänden un=erreihbar fern geſtanden hatte, von den eingetretenen Veränderungen hoffen. Der erſte ſchwierigſte Schritt zur Erringung einer beſſeren Zukunft, der Bruch mit dem Alten, mußte, na< der Meinung der italieni-

*) Es war dies denjenigen Mitgliedern des Rathes der Alten, vieler anderen weniger bekannten Gewaltthätigfeiten nicht zu gedenken, begegnet, welche dern zwiſchen Frankreich und Cisalpinien abgeſchloſſeneu Bundes - und Handelsvertrag nit hatten beſtätigen wollen.

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