Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

138 Neueſte Geſchichte. 1. Zeitraum.

die Menge zufrieden zu ſtellen, und in deren Augen die Schattenſeiten der eingetretenen Veränderung zu verhüllen. Die geheimen Leiter der Bewegung hofften, beim Anbli> der zwiſchen Maſſena und ſeinen Offiz cieren ausgebrochenen Reibungen, mit den Franzoſen leichtes Spiel zu haben. Am 25. Februar (1798) erhoben ſich die Bewohner von Tras= tevere unter dem Nuf: „Es lebe die heilige Jungfrau! Es lebe der Pabſt !‘“ — und fielen über die einzelnen franzöſiſchen Wachtpoſten her. Aus den benachbarten Ortſchaften Albano, Frascati, Tivoli u. f. w. ſetzten ſich die Bauern und Hirten gegen Nom in Bewegung. Aber die Franzoſen hatten ſi von der erſten Ueberraſchung ſchnell erholt. Tras= tevere, der Heerd des Aufſtandes, wurde nach kurzem Kampfe überwältigt, und das Landvolk, von der franzöſiſchen Reiterei unter Murat, mit blu= tigen Köpfen in die Gebirge zurückgewieſen. Ueber 100 Gefangene wur= ven in Rom erſchoſſen, was großen Schre>en erregte, aber auch viele Erbitterung zurüd>ließ.

Das Direktorium hatte unterdeſſen vier Kommiſſarien nah Rom, zur Geſtaltung der dortigen Zuſtände im franzöſiſchen Sinne, abgeſchi>t. Es befanden ſi< unter ihnen der berühmte Mathematiker Monge, und der gelehrte Hiſtoriker Daunou. Es ward dort, wie in Cisalpinien, die Verfaſſung des Jahres ITl., unter etwas veränderten Namen , einge= führt. Die vollziehende Gewalt wurde fünf Konſuln, die geſetzgebende einem Senat von zweiunddreißig ‘und einem Tribunat von zweiund= ſiebenzig Mitgliedern übertragen. Am 20. März wurde das Stiftungs= feſt der römiſchen Nepublik auf dem Forum, aber ohne Theilnahme des Volkes und zum Aergerniß ſelbſt vieler Freiſinnigen, welchen bas Komö= dienhafte des, von aller inneren Kraft entblößten , Treibens der römi= hen Revolutionairs mißfiel, begangen.

Das Prieſterregiment war in Rom, wie die Adelsherrſchaft in Ve= nedig, veraltet und voller Mißbräuche geweſen. Die franzöſiſchen Ver= faſſungsideen, uud die öſterreichiſchen Verwaltungsformen konnten allge= meinen Rechtsbegriffen beſſer, als jene hierarchiſchen und patriciſchen Inſtitutionen, entſprechen. Lettere beſaßen aber, ſelbſt von ihrer großen Vergangenheit abgeſehen, den Vorzug, dem heimiſchen Boden anzugehö= xen, den italieniſchen Volksgeiſt in einer gewiſſen Zeit eigenthümlich dar= geſtellt zu haben, und niht aus Zwang oder Nachahmung entſtanden zu ſein.

Pius VT. war in der Carthauſe bei Florenz von dem Großherzoge von Toscana und deſſen Hofe mit großer Verehrung behandelt worden und hatte au bei der Menge mehr Liebe, als in Rom während der