Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Das „Inſtitut von Aegypten. 163

Die Franzoſen begannen damit , alle auf Aegypten anwendbaren Einrichtungen und Gebräuche ihres Vaterlandes dahin überzutragen. E:n Theil Cairo's wurde bald einer europäiſchen Stadt, mit öffentlichen Vergnügungsorten, Kaffeehäuſern, Ballſälen , Theatern u. ſt. w., ähnlich gemacht. Es war dem Heere eine Menge von Künſtlern und Handwerkern, Baumeiſter , Muſiker, Mechaniker, Bäer, Fleiſcher, Köche gefolgt, die jeßt Alles, ſo viel als möglih, auf europäiſchen Fuß einricteten. Das Einzige, was den Eingebornen den Wechſel der Herrſchaft vrit>end machte, war die Vermehrung der Abgaben , zu deren gewöhnlichem Betrage noch die Lieferungen für das franzöſiſche Heer hinzugekommen waren. Dieſelben wurden mit der größten Strenge eingetrieben. Auf der geringſten Verbindung mit ven Mameluken ſtand die Todesſtrafe. Auch manche andere Vergehen , die ſonſt überſehen worden, unterlagen jetzt harter Ahndung. Bonaparte ſelbſt ſagt in ſeinen Berichten an das Diz rektorium: „J< muß täglich fünf bis ſe<{s ſhuldige Häupter abſchlagen laſſen, ſonſt würde dieſes Volk, das an Furcht gewöhnt iſt für uns keine Ahhtung hegen !““

Wie immer und überall, wo Bonaparte freie Hand hatte, wurden vie geiſtigen Intereſſen au< in Aegypten von ihm nicht vernachläſſigt. Die Gelehrten und Künſtler, welche die Expedition begleitet hatten, traten zu einer Geſellſchaft, „Inſtitut von Aegypten“ genannt, zuſammen, deſſen Sißungen Bonaparte ſelbſt häufig beiwohnte. Es wurden in ihnen wiſſenſchaftlihe Abhandlungen vorgeleſen, und da das Hauptquartier mit den nöthigen phyſikaliſchen Inſtrumenten reihli< verſehèn war, häufig Experimente angeſtellt. Andreoſſy ward zur Unterſuchung des durch ſei= nen außerordentlichen Fiſchreihthum ausgezeihneten Sees Menzaleh ausgeſandt. Denon erforſchte die Alterthümer Mittel- und Oberägyptens. Alles Merkwürdige wurde abgezeichnet und beſchrieben. Außer= dem trug Bonaparte ſi< mit großen Planen über die Erneuerung der früheren Handelsbedeutung Aegypten's für Europa, und dachte an die Wiederherſtellung der inneren Waſſerverbindungen dieſes Landes. Die Befreiung des Canals Amru, eines der Denkmale arabiſcher Größe, von Sand und Schlamm, ward von ihm begonnen, aus Mangel an Zeit aber nit vollendet.

Ungeachtet der von Bonaparte getroffenen kräftigen, und die Umſtände in Betracht gezogen, gemäßigten Maßregeln zur Behauptung und Verwaltung des Landes, konnte eine muhamedaniſhe Bevölkerung niht umhin, von einer Naricht, wie der Untergang der franzöſiſchen Flotte bei Abulir, tief erregt zu werden. Sie wollte darin einen Fingerzeig dex

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