Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

162 Neueſte Geſchichte. 1. Zeitraum.

cen, von allen Seiten beſchädigt, vie Flagge. Die Fregatten : le Frank lin und le Tonnant wurden entmaſtet, l’Artemiſe fing Feuer, l’Heureux und le Mercure ſcheiterten an der Küſte. Um zwei Uhr in der Nacht verz ließ der Contreadmiral Villeneuve den Kampfplab, und ſegelte mit zwei Linienſchiffen und zwei Fregatten nah Malta ab. Erſt jebt war der Sieg unwiderruflich für die Engländer entſchieden. Denn wenn es Vilz leneuve mögli< geweſen wäre, die no< übrigen Schiffe unter ſeinem Kommando zu vereinigen, ſo würde die Schlacht, da auch die engliſche Flotte ſehr beſchädigt, und die Mannſchaft auf das Aeußerſte erſchöpft war, wahrſcheinlih unentſchieden geblieben ſein. Das franzöſiſche Seevolk hatte, wie übrigens immer in dieſem Kriege, au< diesmal mit der größten Tapferkeit gefochten, und es war einzig der Mangel an einheit= licher Leitung , der die Niederlage herbeiführte. Die Franzoſen zählten 8000 Todte und Verwundete. Außer dem Admiral Bruèys waren die Kapitaine Caſabienca und Dupetit- Thouars gefallen. Die Engländer hatten kaum 1000 Mann, unter ihnen aber den Kapitain Weſtcott , der einen anderen Nelſon ankündigte, verloren.

Der erſte Eindru> dieſes Unglü>s auf Bonaparte, der eben ſo reizbar als unerſhro>en war, mag ein außerordentlicher geweſen ſein. Es trat aber in ſeiner äußeren Haltung und in ſeinen Reden wenig davon hervor, und er legte bald eine fataliſtiſhe Ergebung in den Willen des Schi>ſals an den Tag. Die Rü>kehr nah Frankreih war, durch den Untergang der Flotte, ein Verluſt, der ſi nicht ſobald erſeßen ließ, in weite Ferne hinausgeſhoben worden. Es mußte deshalb , auf längere Zeit hin, für die Armee ein neues Vaterland in Aegypten geſchaffen werden. Bonaparte richtete, nah ſeiner Rückkehr na Cairo, mit ſeinem gewöhnlichen Scharfbli> eine den gegebenen Verhältniſſen angemeſſene Civilverwaltung, welche, den Franzoſen vortheilhaft , auch die Eingebor= nen berüdſichtigte, ein. Er zog die Kadis und Sheiks bei allen inneren Angelegenheiten zu Rathe. Die bisher auf Chriſten und Juden laſtenven Ausnahmsgeſeße wurden von ihm, ohne daß dies bei den Muſel= männern beſonderen Anſtoß erregt hätte, aufgehoben. Seine große Perſönlichkeit blieb au< auf halbe Barbaren niht ohne Wirkung. Der Mufti von Cairo beſang Bonaparte's Tugenden in arabiſchen Verſen, Das Volk nannte ihn, auf ſeine Siege anſpielend, „den Vater des Blites.“ Da er keine beſtimmten religiöſen Ueberzeugungen hegte, \o ließ er den Islam, ſo weit er ſeinen politiſhen Anſichten niht im Wege ſtand, eben ſo gut wie das Chriſtenthum gelten , bezeugte ihm Achtung, und machte bei feierlihen Gelegenheiten manche ſeiner Gebräuche mit.