Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Geſet wegen Stellung von royaliſtiſhen Geißeln. 185

auferlegten Demüthigungen für die am 18. Fructidor begangenen Ueber= griffe büßte.

Das Direktorium war in der öffentlihen Meinung ſo gut wie ver= loren, und es liefen von allen Seiten Dankadreſſen an die beiden Räthe ein. Die Schwäche des Direktoriums und die Siege der Verbündeten machten den Royaliſten zu neuen Unternehmungen gegen die Republik Muth. Der nah England geflüchtete Graf von Artois *) und die ihn umgebenden Ausgewanderten ſuchten dur< ihre Sendlinge neue Unruhen in Frankreich, was zum Theil auch gelang , herbeizuführen. Ungeachtet der erlittenen Niederlagen, war ein Theil der Vendée und der Bretagne dennoch zur Ergreifung der Waffen für die königlihe Sache geneigt. Auch tauchten wieder, wie zuerſt nah Robespierre's Sturz, ſich mit dem Mantel des Royalismus bede>ende Banden von Räubern und Wege= lagerern auf, und ſeßten ihr Unweſen bis in die Umgebungen von Paris fort. Vereidigte Geiſtliche, republikaniſhe Beamte, beſonders die Steuereinnehmer, Käufer von Nationalgütern, aber auh wohlhabende, __ auf dem Lande lebende Leute aus allen Parteien waren auf vielen Punks ten Frankreichs nächtlichen Angriffen und Ueberfällen, um ſi ihrer Habi zu bemächtigen, ausgeſett.

Um dieſen Unordnungen Einhalt zu thun, wurde am 12. Zulius (1799) ein Geſeb (la loi des otages) erlaſſen, welches, wenn in einem Departement, einem Canton oder einer Gemeinde Gewaltthätigkeiten aus politiſchen Urſachen oder Vorwänden begangen waren, dafür die daſelbſt befindlichen Verwandten von Ausgewanderten und die ehemaligen Adeligen verantwortli<h mate. Sobald ein Departement als im Zuſtande von Unruhen befindli bezeichnet worden, konnten die Behörden Perſonen der genannten Kategorie aufheben, nah dem Hauptort abführen, und da= ſelbſt als Geißeln bis zur Wiederherſtellung der Ordnung gefangen hal= ten laſſen. Wenn ein vereidigter Geiſtlicher, ein Beamter oder Käufer von Nationalgütern getödtet oder weggeführt war, ſo ſollten vier Perſonen aus der Zahl der Geißeln dafür deportirt werden. Für den Mord eines Bürgers mußten die Geißeln des betreffenden Departements 5000 Fr. Strafe an den Staat zahlen, außerdem aber 6000 Fr. für die Wittwe des Getödteten, und 3000 Fr. für jedes der verwaiſten Kinder aufbrin=

*) Der Prätendent, Graf von Lille (na<mals Ludwig XVIIL.), war einer Einladung des Kaiſers Paul I. gefolgt, und hatte ſeinen Wohnſiß in Mietau ges uommen,