Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Rückgabe der nict verkauften Staatsgüter. 231

Die Deputirtenkammer hatte das königliche Haus mit großer Frei= gebigkeit ausgeſtattet , die Civilliſte auf dreiunddreißig Millionen Fran= ken jährlich feſlgeſezt, und auh die von dem Könige während der Verbannung gemachten Schulden zu tilgen verſprohen. Ludwig XVIIT. ſah aber mit Trauer, und als einen Vorwurf für ihn ſelbſt, ſo manche Mitglieder des alten Adels, die wegen der Treue für ihn gelitten hatten, nah der Rückkehr in das Vaterland, beſiß - und oft obdachlos umherirren. Viele darunter eigneten ſi<h niht zur Uebernahme der von der Negierung zu verleihenden Aemter, und die Privatſpenden der königlichen Familie reichten zu ihrer Unterſtübung nicht aus. Die Erwerbung von Staatsgütern, zu denen während der Revolution die Beſizungen des au8sgewanderten Adels geſchlagen worden, war von der Verfaſſung an= exkannt, und es wäre au< ohnedies niht möglich geweſen, ſie aufheben zu wollen, da ein zu großer Theil der Bevölkerung an ihnen betheiligt war. Es war dies einer der Krebsſchäden der Reſtauration, der nur von der Zeit allmälig geheilt werden konnte. Es wurden an die Bourbonen von der eigenen Partei Anſprüche geſtellt, die ſie niht befriedigen konnien, und der im Ganzen geringe Erſa, den fie ihren Anhängern gewährten, wurde ihnen von den Gegnern zum Vorwurf gemacht.

Das Miniſterium legte, um wenigſtens Etwas für die Ausgewan=derten, ihre Familien und Erben zu thun, den Kammern einen Geſeßentwuxf vor, vermöge deſſen die noh niht verkauften Beſißungen den ehemaligen Eigenthümern zurü>gegeben werden ſollten. Bei der damals in einem großen Theile der Nation herrſchenden Geneigtheit , die Ungerehtigkeiten der Revolution ſo viel als mögli< wieder gut zu machen, ward dem Antrage mit Theilnahme entgegengekommen. Aber die Unkenntniß des Geiſtes der Zeit und die Ungeſchiktheit im Vortrage von Seiten des Miniſters Ferrand, der den Entwurf vertheidigte, machten böſes Blut. Derſelbe erging ſi< nah ſeiner Gewohnheit abermals in Unterſcheidungen zwiſchen Legitimität und Revolution, zwiſchen den Ausgewanderten und dem Volke, das ſi 1792 erhoben hatte, Er erreichte daz dur nichts, als die ohnedies vorhandenen Gegenſäße noh ſchärfer her= vortreten zu laſſen. Das Recht der Revolution , ſich gegen ihre Feinde zu vertheidigen, ward in der Deputirtenkammer ſtark hervorgehoben, und zu verſtehen gegeben, daß, wenn Frankreich auch die alte Dynaſtie wieder anerkennen wolle, es unverſöhnlih gegen die vorrevolutionairen Inſtituz= tionen ſei. Der Geſeßentwurf ward angenommen. Indeſſen war die Hof= und Adelspartei geneigt, dieſes Zugeſtändniß nur als den Anfang zu einer größeren Entſchädigung anzuſehen, und die Beſißer der ehe=