Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Toskana. — Parma. — Lukka. 227

Vertrage von Tolentino beſtanden , nur Avignon und Venaiſſin blieben unwiderruflih bei Frankreich. Sein Bevollmächtigter am Wiener Kon-=greß, der Kardinal Conſalvi, arbeitete beſonders an der Wiedererlangung der ſogenannten Legationen, die den reichſten Theil des Kirchenſtaats bil= den, und von denen Ankona undUrbino damals noch von Joachim Murat, Ferrara, Bologna und Ravenna aber in Folge des Krieges von den Oeſterreichern beſezt waren. Später erhielt der römiſche Stuhl Alles ſammt den neapolitaniſchen Enklaven Benevent und Ponte-Corvo zurüd.

Der Großherzog von Toskana, ein Bruver des Kaiſers Franz von Oeſterreich, verließ Würzburg, wo er als Rheinbundsfürſt unter dem Titel eines Großherzoges regiert hatte, und zog in Florenz ein. Gegen ſeine defi= nitive Anerkennung erhob der ſpaniſche Hof durch ſeinen Bevollmächtigten am Krongreß, den Ritter Gomez Labrador, den lebhafteſten Einſpru<, und verlangte Toskana für den Infanten Karl Ludwig, der von Napoleon zum König von Hetrurien ernannt, dann aber beſeitigt worden, und jeßt unter Vormundſchaft ſeiner Mutter ſtand. Offenbar kam das nächſte Recht auf Toskana dem sbſterreichiſch-lothringſchen Stamme zu, der einſt, gegen Abtretung Lothringens, unter Gewährleiſtung von ganz Europa, in den Beſitz des Erbes der Medicäer gekommen war. Spanien, überhaupt dadurch verlebt, daß es auf dem Kongreß nicht den Einfluß ausübte, ven es vermöge des Alters ſeiner Krone und des im Katapfe gegen Napoleon davon getragenen Ruhmes für ſi in Anſpruch nahm, beſtand ſo hartnä>ig auf ven Anſprüchen ſeines Schütlings, daß es eſt nac den beſtimmteſten Erklärungen Oeſterreichs zurücktrat. Der Streit entbrannte von Neuem bei Gelegenheit des Herzogthumes Parma, das der ehemaligen Kaiſerin der Franzoſen, der Erzherzogin Marie Louife, Gemahlin Napo=z leon’s, und ihrem Sohne beſtimmt worden war. Gomez Labrador verlangte Parma nebſt Piacenza und Guaſtalla für den oben genannten Infanten, deſſen Vorfahren vor der franzöſiſchen Revolution über Parma geherrſcht hatten. Oeſterreih war einen Augenbli> lang geneigt, dieſes Gebiet, das es beſet hielt, mit Ausnahme des militairiſh beſonders wichtigen Piacenza herauszugeben, als endlich die fünf Großmächte dahin übereinfamen , Parma nebſt Zubehör der ehemaligen Kaiſerin der Franz zoſen zu laſſen, dagegen das Erbrecht ihres Sohnes aufzuheben , ſtatt deſſen dem Infanten Karl Ludwig die nächſte Anwartſchaft zu ertheilen, und demſelben das Herzogthum Lukfa mit einer Jahresrente von 500,000 Franken zu überlaſſen. Nach dem Ableben ver Erzherzogin Marie Louiſe ſollte Lukéa an Toskana fallen.