Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

IE EA NE, MA

248 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

das den Kern des nahmaligen Herzogthumes Warſchau bildete, Nußland, dieſes ihm dagegen das Königreich Sachſen, zugeſichert. „Dieſe beſonde= ren Uebereinfünfte konnten indeſſen erſt dur die Zuſtimmung der übrigen auf dem Kongreß verſammelten Großmächte ihre volle Gültigkeit er= langen. Die Erwerbungen am Rhein und in Weſtphalen vermochten den Verluſt von Südpreußen und der beiden fränkiſchen Fürſtenthümer, Anspach und Bayreuth, die Bayern behalten ſollte, niht aufzuwiegen. Na allen Ausgleihungen fehlten Preußen zu den 9,884,000 Einwoh= nern, die es 1805 enthalten, no< 2,926,000. Rußland und Preußen, eng mit einander verbunden, glaubten beide, die ihnen, nah Dem, was ſie vollbracht und gelitten, zuſtehende Vergrößerung, erſteres nur dur< den BVeſiß des Herzogthumes Warſchau, letzteres durch die Einverleibung des Königreiches Sachſen, erlangen zu können.

Der Erwerbung von ganz Sachſen für Preußen und einer ander= weitigen Entſchädigung des Königs Friedrih Auguſt ſchienen anfänglich keine großen Hinderniſſe entgegenzuſtehen. Eine preußiſche Verwaltung war in Sachſen bereits im November 1814 eingerihtet worden. Fried= ri Wilhelm TIT. hatte verſprochen, dieſes Land nicht ſeinen übrigen Provinzen zuzutheilen, ſondern es als ein Ganzes, nah ſeinen bisherigen Einrichtungen und Geſetzen zu regieren. Eine Bereinigung der ſächſi= ſchen und preußiſchen Staaten, unter demſelben Souverain, galt in dem größten Theile von Deutſchland für eine unvermeidliche Thatſache. Bei den erſten Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß über das Schickſal Saſens hatte Lord Caſtlereagh die Ausdauer , mit welcher der König Friedrich Auguſt an dem Bündniß mir Napoleon gehalten, in den ſchärf= ſten Ausdrü>en getadelt, und die Entſagung dieſes Königs auf ſein Land als eine gebührende Buße für das durch ihn an der allgemeinen Sache Europa's begangene Unrecht bezeichnet. Oeſterreich zeigte fi anfangs den preußiſchen Anſprüchen ebenfalls nicht abgeneigt. Frank= reih war aber einem Aufgehen Sachſens in Preußen, und einer Verſegung ſeiner Dynaſtie auf einen neu zu gründenden Thron von Hauſe aus entgegen. Ludwig XVTIT., der auf ſeine Familienverbindungen viel hielt, und ſeine Mutter war eine ſäthſiſche Prinzeſſin geweſen, hatte Talleyrand den gemeſſenen Auftrag gegeben, das ſächſiſche Haus in ſeiz= nem angeſtammten Beſitz ſo viel als mögli zu ſhüßen. Talleyrand ſtellte deſſen gänzliche Beſeitigung als eine ſhwere Verlebung des Legiti= mitätsprincips dar , deſſen Wiederherſtellung nah Napoleon's Sturz die vornehmſte Aufgabe der europäiſchen Politik geworden ſei. Frankreichs Einſpru<h würde damals allerdings nichts entſchieden haben, bot indeſſen