Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

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360 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

hielt, der zuglei<h ein Exemplar des Moniteur beigelegt war, mit dem von den Kammern angenommenen Geſetze, welches Alle, die für den Tod Ludwig XVT. geſtimmt hatten, für immer aus Frankreich verbannte. Wäre Fouché nicht von Ehrgeiz verblendet geweſen, ſo würde er nah ſeinem Rücktritt als Miniſter, bei der Unmöglichkeit für ihn in Frankreich zu bleiben, nah England oder Nordamerika gegangen ſein , und daſelbſt / wenigſtens Herr ſeines Willens und ſeiner Freiheit geblieben ſein. Abex die Sucht, in der Nähe eines Hofes zu leben, ſich auf einen, wenn auh kleinen, Schauplaße das Anſehen von Bedeutung und Geſchäftigkeit zu geben, führte ihn na< Dresden , obgleih er vorauswiſſen konnte, dcß man ihn dort nict lange beſtehen laſſen würde. Nach ſeiner Verbannung aus Frankreich ſuchte er einen Zufluchtsort in Oeſterreih. Hier gerjeth er unter die Botmäßigkeit Metternich's, der ihm Linz zum Aufenthaltsort anwies. Der Mann, dex eine Zeit lang die halbe Welt mit ſeinen Ränfen erfüllt, zu Napoleon's Sturz, zu Ludwig XVIII. Wiedereinſeßung beigetragen, ſtarb nah einigen Jahren erzwungener Zurügezogenheit, von den Einen gehaßt, von den Anderen verachtet, und von Niemand bedauert. Fouché iſ unter den bekannten Charakteren, die aus der fran= zöſiſhen Revolution hervorgegangen, nicht der verderbteſte und grau= ſamſte, aber der gewiſſenloſeſte geweſen, der, ohne Grundſätze und Ueber= zeugungen irgend einer Art, blos für die Befriedigung perſönlicher Zwecke gelebt hat.

Talleyrand, für den Fouché ein Blitzableiter geweſen, der den Zorn und Haß der Ultraroyaliſten von ihm abgeleitet, ſah ſich jet den An= g“iffen aller Parteien ausgeſeßt. In den Augen der Einen war er ſchul= dig, weil er der Revolution und Napoleon gedient, in denen der Anderen, weil er beide verrathen hatte. Am Hofe warf man ihm die Vergeblich= keit ſeiner bisherigen Unterhandlungen mit den fremden Mächten vox, und bedrohte ihn mit der Rechenſchaft, die er den Kammern abzulegen haben würde. Talleyrand fühlte das Gefährliche ſeiner Stellung. Da er niht darauf rechnen konnte, eine ſo heftig bewegte Volksvertretung wie

die damalige Deputirtenkammer , aus unverantwortlichen und rü>ſichts=

loſen Parteimännern beſtehend, wie eine Diplomatenkonferenz zu leiten, fo war er entſchloſſen, von Ludwig XVIII. eine öffentliche Billigung der bi8her befolgten Politik und einige Zeichen der königlichen Gunſt für ſich und ſeine Kollegen zu verlangen , die den Kammern über die Ueberein= ſtimmung des Königs mit ſeinem Miniſterium keine weiteren Zweifel ex= lauben könnten. Er überredete ſeine Kollegen, dieſem Einſchüchterungs= verſu gegen den König beizupflichten.