Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

im Dienste des Gesichtsausdrucks ist leicht zu beweisen, denn wenn er durchschnitten wird, bleiben alle von ihm mit Nervenfasern versorgten Gesichtspartien ausdruckslos und starr; wieder ein Beweis dafür, wie sehr der Ausdruck in der Bewegung lebt und webt. j

Ein. noch stärkeres Interesse beansprucht die mimische Muskulatur (Fig, 9). Unter der Gesichtshaut liegende Muskeln sind es, mit ihrem einen Ende an Knochen entspringend, mit dem anderen aber an den Weichteilen der Sinnesöffnungen des Gesichtes angreifend, welche durch ihre Zusammenziehung jene Bewegungen des Gesichts erzeugen, die wir Ausdrucksbewegungen nennen. Das ist ein Vorgang, den wir durch die Hülle der Haut unmittelbar anschaulich wahrnehmen, und deshalb spielen diese Muskeln auch in der Beschreibung des Ausdrucks die denkbar wichtigste Rolle. Ihre Ausdrucksfunktion ist wie die des Nervus facialis geschildert in Bells wundervollem Buch über den Ausdruck: „The Anatomy and Physiology of Expression“ (Die Anatomie und Physiologie des Ausdrucks), das, mit schönen Zeichnungen von Bells eigener Hand geschmückt, bereits eine vollständige, wenn auch nicht durchaus stichhältige Theorie des Ausdrucks gibt. Merkwürdig genug, daß dieses schöne Buch bis heute nicht ins Deutsche übersetzt ist.

Johann Jakob Engel

Von Bell war der entscheidende Schritt getan worden. Er untersuchte nicht wie Gall die starr gegebene Körperform, sondern, wie Lichtenberg gefordert hatte, die bewegte Form, den Ausdruck, der sich der plastischen und elastischen Muskulatur bedienen muß. Immerhin, der Schritt wird auch hier von der anatomisch-physiologisch zergliederten Leiblichkeit aus getan.

32