Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

lautet: Auch er hatte den Schlüssel nicht. So wunderbar einfach dieser anmuten mag, es war, um ihn zu finden, doch die lange, mühsame Forscherarbeit von 150 Jahren, von Engel bis auf Klages notwendig. Es war dazu notwendig die Lehre von den Bezugswendungen (der Zuwendung, der Angriff - Abwehrstellung, der Fluchtstellung), notwendig die genaue Kenntnis der mimischen Muskulatur, die Erkenntnis des Ausdrucks als Handlung, aber auch die Erforschung des Ausdrucks als einer Zeichensprache der Seele, von der wir gleichsam einzelne Wörter und ihre Grammatik herausarbeiten können. Solange sich die Methode der alten Physiognomiker noch nicht als Irrweg herausgestellt hatte, konnte man auch nicht wissen, daß man Körperbau und Ausdruck als Anzeichen für Seele und Charakter auseinanderzuhalten habe, und es war die Arbeit der Physiologen notwendig, um den Anteil naturwissenschaftlicher Kausalzusammenhänge an diesen Anzeichen vom echten Ausdruck zu unterscheiden. Ein glücklicher Wurf sollte endlich die ersehnte Lösung bringen, und er gelang Philipp Lersch vor wenigen Jahren mit seinem Buch „Gesicht und Seele“. Er stellte mit einer Anzahl von Versuchspersonen je ein Reiz- und ein Willensexperiment an. Er ließ sie einmal elektrisieren und ließ sie ein andermal ihre Kräfte an einem Expander erproben, einem Turngerät mit ausziehbaren Gummibändern. Indem er beobachtete, wie sie sich hier bei Angriff und Abwehr verhielten, offenbarten sich ihm mehrere unterscheidbare große Gruppen, die er zum erstenmal gleichsam als ausdrucksphysiognomische Typen festlegte. Ganz ausdrücklich beschreibt er nun nicht nur die verschiedenen Verhaltensweisen der Individuen zur Umwelt, sondern auch die deutlichen Kennzeichen insbesondere der Einstellungen des Auges nach der Lid-

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