Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., S. 454

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Illuſtrierte Geſchichte des Welikrieges 1914/15. SS

dex Gegend von Ripanj neue Kämpfe, ſüdli<h der Linie Lucica—Bozevac mußten die Serben wieder weihen, ferner drangen öſterreihiſ<-ungariſ<he Truppen auf Sabac vor. Die Bulgaren erzielten einen Haupterfolg mit der Wegnahme des Sultan Tepe, eines beherrſchenden Berges ſüdweſtlih Egri Palanka. Bei dem Vormarſ<h auf Kumanovo machten ſie 9000 Gefangene und eroberten ferner 12 Geſhüßge. Dur raſhes Zufaſſen waren ſie in Beſiß des genannten Berges gekommen, der die höchſte Erhebung der Oſſogovska Planina iſt, ſoweit dieſer mächtige, über 2000 Meter hohe Bergzug auf ſerbiſhem Boden liegt. Nach Weſten fällt der Berg auf das S<hlachtfeld früherer Zuſammenſtöße Ovtſ<h-Polje ab, an deſſen ſüdweſtlihem Rand der Wardar vorbeiſließt.

Damit waren die Bulgaren im Beſig des ſtrategiſ< wichtigſten Teils von Mazedonien. Sie rü>ten au< in den Städten Jſtip und, Radoviſta ein. Am 21. Oktober ſhon

fonnten ſie berihten, daß Kumanovo ſelbſt und Veles von-

ihnen genommen ſei. Südlich der Strumica hatten ſie

ferner den Feind über den Wardar geworfen. Damit hatten

ſie no< weitere Stre>en der Salonikibahn in ihren Beſiß gebra<ht. Außerdem bedrohten ſie jezt den großen ſerbiſchen Plaß Üsküb, von dem aus Kumanovo im Norden liegt und Veles im Süden (ſiehe die Vogelſchautarte Seite 381). Sie bedrohten au< die ſtarke Feſtung Pirot, an deren Hauptwerke ſie öfli<h bis auf Schußweite herangerüdt waren. Die Geſandten der Vierverbandsmächte hielten es deshalb für geraten, ſi<h von Niſch, für das Pirot der Schlüſſel iſt, na< Kraljevo zu begeben.

Die in Saloniti gelandeten Truppen machten ſi bisher auf dem ſerbiſhen Kriegſhauplaß immer noh niht bemerkbar, dafür griff der Vierverband zu einem grauſamen und völkerre<htswidrigen Mittel, um die Bulgaren zu ſhre>en oder

au< nur aus ohnmähtigem Rachegefühl über derèn Erfolg. Engliſche Schiffe eröffneten auf die bulgariſchen Hafenſtädte _ Dedeagatſ<h und Porto Lagos ein Bombardement ſ{<werſter Art. Am 22. Oktober begannen ſie damit und vernichteten beſonders das eben im Aufblühen begriffene Dedeagatſh ſchier bis auf das leßte Haus, ohne auh nur den min-

deſten militäriſhen Vorteil dabei zu erzielen. Denn die -

Bulgaren hätten ihnen dort eine Landung unmöglich gemacht. Es war ledigli<h der Wille zur Zerſtörung, der Wunſ<, die Bulgaren den Krieg dort fühlen zu laſſen, der die Engländex im Verein mit ihren Verbündeten zu der Schießerei veranlaßt haben fonnte.

Die Ereigniſſe auf dem eigentlihen Kampfplaß wurden |

natürli<h dur< die Beſchießung der offenen Hafenſtädte niht beeinflußt. Während die Bulgaren mit ſo großem Erfolg von Oſten weiter in Serbien eindrangen, ſeßten die Armeen Köveſz und Gallwiß die Angriffsbewegung von Norden her troß der erbitterten Gegenwehr der Serben mit Erfolg fort. Wo die Serben ſih auf den natürlihen Shuß der Ströme, dex Geländegeſtaltung und der Befeſtigungen verlaſſen hatten, da rü>ten die genannten Armeen nun vereint in breiter Front unaufhaltſam na< Süden vor und drückten die Verteidiger Zug um Zug vor ſich hex. v. Gallwißz erreihte jeßt die Nähe von Palanka und Petrovac, die Armee Köveſz griff gegen das Hügelland von Kormaj nördlih von Velki-Sopot an. Am 25. Oftobex gelang ihnen die Erſtürmung dieſer Stellung. Die Armee Gallwiß warf den Gegner öſtlih der Morava aus ſeinen Stellungen in der Linie Alefſandrovac—Orljevo und machte dabei 600 Gefangene. Die Bulgaren gewannen die Städte Negotin und Rogljevo und ſtanden öſtlih und ſüdöſtli< von Knjazevac in fortſchreitendem Angriff. Südöſtlih von Pirot, das die Serben mit größter Zähigkeit verteidigten, wieſen ſie ſer-

biſhe Gegenangriffe mahtvoll zurü>. Bei Orſova nahmen.

deutſhe und öſterreichiſ<-ungariſhe Truppen ſodann eine Gruppe von Bergſtellungen am Donauufex und erſtürmten das Fort Eliſabeth bei Tekia. Die ſerbiſhe Front wurde dort an ſo vielen Punkten zerſprengt oder erſchüttert, daß ſi<h die Verteidiger auh hier zum ſhleunigen Rü zug nah Süden entſchloſſen.

Auch an der Drina kam die ſerbiſche Stellung ins Wankèn. Bei Viſegrad warfen öſterreihiſ<-ungariſhe Truppen die Serben von den Höhen des Oſtufers herab. Die Bulgaren befanden ſi<h in dieſem Augenbli> ſhon im Kampfe um die große Stadt Üsküb und eroberten den größten Teil. Auch um den Beſiß der Stadt Knjazevac waren erfolgverſprechende Kämpfe im Gange. Am 283. abends war Üsfküb vollſtändig erobert. Ferner erbeutete die ſo ruhms-

_fonute vor freudiger Erregung niht ſprechen.

reih vorſchreitende Armee Bojadjeff in Prahovo an der Donau nordöôſtlih von Negotin ein feindlihes Munitionslager und gelangte halbwegs Zajecar—Knjazevac in den Beſitz des weſtlihen Timokufers. Den Serben blieb na< dem Fall von Üsküb nux no< der Rülzugsweg na< Nord=albanien und Montenegro offen. Aber au< dieſer Weg wurde ſ<hon bedroht dur< die Vorgänge bei Viſegrad, A ſi<h der Drinaübergang der Öſterreiher und Ungarn vollzog. : :

Auf die ſerbiſhen Staatsmänner wirkten dieſe Vorgänge

zum Teil ſo entmutigend, daß ſelbſt im ſerbiſ<hen Kronrat die vom Thronfolger vertretene Meinung Widerhall fand,

man müſſe mit den Zentralmächten und Bulgarien zur Ret=tung des Reiches ſobald wie möglih Frieden ſ<ließen. Sie fand unter anderen au< Beifall bei dem Woiwoden Putnik,

“dem ſerbiſchen Höchſtkommandierenden. Dieſer ging |<ließ-

lih ſo weit, den Oberbefehl über die ſerbiſ<he Armee aus Geſundheitsrüdſichten niederzulegen. Er verhehlte abex nie=mand den wahren Grund, daß er den Oberbefehl als Solz dat niht mehx behalten könne, weil ein Widerſtand gegen die Gegnex Serbiens bei dem Ausbleiben jeder Hilfe ſeitens der verbündeten Mächte militäriſ<h niht mehr zu verantworten ſei. : E

Der 24. Oktober brachte auf der ganzen Front der na< einem gemeinſamen Plane kämpfenden Heere wieder Stürme und troß allen Widerſtandes Fortſhritie. Der gewonnene Brücenkopf bei Viſegrad wurde erweitert. Weſilih Der. Kolubara gelang die Erzwingung des Überganges über die Tamnava nordweſtli<h von Ub. Die Armee Köveſz erreichte die allgemeine Linie Lazarevac—Rabrovac, die vor Arangje= lovac noh ein flein wenig na<h Norden ausbog. v. Gallwiß ſtürmte ſüdlich der Jaſenica die beherrſ<henden Höhen ofi von Banicina und gewann kämpfend die in der Moravaebene gelegenen Orte Livadica und Zabari. Bei Orſova drangen die übergegangenen Truppen nun au< Weiter ſüdlih vor und erreihten mit ihrem linken Flügel Sip an der Donau. Die Armee Bojadjeff eroberte den Kamm zwiſchen den Gipfeln Drenovaglava und denen des Mikrovac. Damit befanden ſie ſi< 20 Kilometer nördlih von Pirot.

Die Ruſſen machten in dieſen Tagen einen Verſuch zur Vorbereitung von Truppenlandungen an der bulgariſchen Küſte des Shwarzen Meeres. Sie verſuchten zunächſt eine Einleitumg durch eine Beſchießung mit Shiſſsgeſhüßen vor Varna und Burgas. Als aber dur< Treſſer bulgariſcher Geſchüße oder U-Boot-Torpedos zwei ruſſiſche Linienſchiſſe ſanken, zog die ruſſiſche Flotte ab, ohne daß es zu eigentlihen Landungsunternehmungen gekommen wäre. Am 24. exoberten die Bulgaren no< Negotin und den Donauhaſen Praovo. Jhre Beute betrug: Ein Vexpflegungsmagazin, 90 Wagen mit Kriegsmaterial, 1 Offizier und 270 Mann. Die Deutſchen ſtellten am 25. Oktober feſt, daß von ihnen in den leßten drei Tagen 960 Serben gefangen WOLrDEN WALCN.

Am 26. Oktober war wieder ein ſo merkliher Fortſchritt

auf der ganzen Linie der Verbündeten zu verzeihnen, Daß

eine baldige Vereinigung der Bulgaren und der Truppen der. Mittelmächte in ganz nahe Ausſicht gerückt. exſhien. Jn der Tat erfolgte die erſehnte Verbindung ſchon am 27. Dz tober. Das weltgeſchihtlihe Ereignis vollzog ſih im Kladovo. Dieſer Ort war in die Hand der Orſovagruppe gefallen, die dort 12 ſhwere Geſhüße und große Vorräte an Munition, Verpflegungs- Und Befkleidungsmitteln vorfand. Nach Kladovo ſchlug ſih eine aus dem Raum von Negotin abgeſandte Patrouille des bulgariſchen Ulanenleutnants Gadjeff dur, deſſen Name für alle Zeiten mit dem welts ge\<hi<tlihen Vorgang verbunden ſein wird (ſiehe das Bild Seite 389). Er und der Führer einer gleichgeitig abgeſandten Patrouille, der au< in Kladovo einrüdte, Leutnant Tanakieff, erhielten no< an demſelben Abend von dem in Kladovo anweſenden Herzog Adolf von Medlenburg das Eiſerne Kreuz überreicht. Das erſte Auftauchen der Bulgaren löſte bei den Deutſchen, Öſterreichern UND Ungarn in Kladovo „einen unbeſchreiblihen Jubel aus. Als ein Honvedoberſt den gewaltigen Lärm auf der Straße hörte und hinausſhaute, ſah ex einen bulgariſchen Oſſizier die Straße E e N Eljen E fi Î 15sſ\tieß. Der eV rang

riſhen Hochruf, ausſtieß P E ziere umarmten und küßten ſi, und vor Freude kamen ihnen. die Tränen. Die Mamnſchaften ſtellten ſi alle an der Donau auf und ſangen „Heil dir im Siegexkranz“, „Gott