Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., S. 484
4
4 RSA TEO CRE
Illuſtrierte Geſchichte des Welttrieces OLS
vorgetreten, ſo daß die ſerbiſche Heeresleilung alle Hoff nung aufgeben mußte, von der griehiſhen Grenze aus die Befreiung herannahen zu ſehen.
Bis zum 4. Novefnber hatte die Front der verbündeten
Armeen wiederum große Fortſchritte gemacht. Sie erſixe>te |
ſich von dex montenegrimiſhen Grenze über Uzice und Cacak, die beide ſhon genommen waren, nördlih an Kraljevo vorbei, überſhritt die Morava nördlih Jagodina und [{<loß damit an die bulgariſ<he Front an, die ſi< weſtlli<h von Zajecar dit vor und um Nis herumzog. Die übrige bulgariſhe Front war dieſelbe geblieben, wie ſie Ende DE tober war. Auch bei Kraljevo haben die Serben den Verbündeten den Übergang über die weſtlihe (ſerbiſhe oder Golijska-)Morava niht ernſtli<h verwehrt. Dieſe konnten den hochgehenden, von Regengüſſen angeſ<hwellten Strom nach zahlreihen Nahhutkämpfen überſchreiten, ſo daß ſih am 7. November ihre Linie von der montenegrini|<hen
Grenze an ſüdlih der Morava bis Jvanjica erſire>te, dann
den Jbarfluß überſchrilt und an den Höhen [üdlih Kruſevac ſiand. Hier nahm ſie Anſhluß an die buigariſhe OVſltarmee, welche am 5. November die zweite Hauptſtadt Nis erobert hatte, fi nunmehr auf das weſtliche Ufer der öſtlichen Morava erſtre>te und die Städte Alefkſinacund Lesfovac beſeßte. Die ſerbiſhe Hauptarmee hatie um dieſe Zeit nux no< eine Möglichkeit, ſih vor dex Vernichlung zu ret=ten, den Rücßzuzg auf montenegriniſhes und albaniſhes Gebiet, etwa über die Linie Novipazar—Mitrovica. Die noxdalbaniſ<he - Grenze ſchien damals dur< alzbaniſhe Banden verſperrt zu ſein.
Der Donauüber=gang der Armee Gallwis.
Von Wilhelm Hegeler. (Hierzu das Bild Seite 412[4183.)
„Es iſt ſe<hs Uhr morzgens“, ſchreibt der- im Hauptquartier der Ar= mee Gallwiß weilende Kriegsberichterſtatter der Münchner NeueſtenNachrichten, „der ſonntägliche Wochenmarkt hat {hon ſeit einer Stunde begonnen. Auf dem großen, ſteingepflaſterten Plaz vor meinem Hotel ſind ungefähr ſämtliche Nationen, die die ungariſche Tiefebene bewohnen, vereinigt: Shwaben, Magyaren, Ru-
mänen, Serben, Bosniaken, Zigeuner und was weiß ich. Die.
bunten Farben ſchreien luſtig in die graue Regendämmerung hinein. Jeßt kommt Bewegung in die Menge, als unſer Auto heranſauſt. Die Weiber ſtieben auseinander, die Pferde, prächtige Ungarn zum Teil, ſteigen und geben ihrer Aufregung dur<h wütendes Ausfeuern kräftigen Ausdru>.
Vorwärts! An endloſen Kukuruzfeldern vorbei, dur ſaubere, langgeſtre>te Dörfer, deren Häuſer alle mit der Giebelſeite nah der Straße ſtehen. Jm Hintergrund liegt
unſer Ziel, die Donau, wo vor zehn Tagen auf der Stred>e |
von Kovevara—Dunap, der Juſel Semendria gegenüber bis Bazias, der große Übergang der Armee Gallwiß auf das ſerbiſche Ufer ſtattfand.
Endlich taucht der große Strom auf, umrandet von jäh anfteigenden Hügeln. Wie ein gutmütiger, alter \<hlafender Rieſe liegt er da. Aber vorgeſtern hättet ihr ihn ſehen rollen.
Da bäumte ex ſich wie ein an ſeinen Ketten reißender Titan. Das fam, weil er von der Koſſowa gepeitſht wurde. Die Koſſowa iſt ein Bergkind wie der Föhn und die Geißel des Landes. Wenig fehlte, ſo hätte ſie das mit ſo großartigen Vorbereitungen eingeleitete Unternehmen des Donauüberganges zunichte gemacht, ehe es no< Tat geworden. Ein Strom, deſſen Breite zwiſchen 800 bis 1200 Metern \<wankt, der unter dem Feuer der hinter den jenſeitigen Hügeln verborgenen Artillerie des Feindes ſteht, ſollte überſchritten werden, auf breiter Front von einer großen Armee init Artillerie und einem rieſigen Wagenpark voll Munition und Lebensmitteln. - : Aber je \<hwieriger die Aufgabe war, mit deſto heißerer Freude gingen die Pioniere an ſie hexan. In wenigen Wochen mußte das ungeheure Material herbeigeſchafft werden. Auf langen Eiſenbahnzügen rollte es herzu und wurde in der Nähe des Ufers verborgen. Die Inſeln, die ſih auf
Franzöſiſche Infanteriſten, Musketier und Grenadier, in ihrer neuen Ausrüſtung. Nach ſranzöſiſher Darſtellung. :
dieſer Donauſtre>e befinden, wie die Semendria, Temesſpiegel, die Cibublia, boten mit ihren Weiden-
und Pappelgebüſchen dazu die beſte Gelegen=heit. Wir begeben uns auf eine ÜUeine Anhöhe in der Nähe von Palane. Gerade vox uns liegt hinter dex Donau jäh anſteigend die Goriza, ein Kalkſtein= hügel, mit verbranntem Gras bewachſen, an der Spitze von furzem Wald beſtanden. Weit erſtre> ſih der Bli> über die - Donau mit ihren grünen - Polſterkiſſen gleihenden Inſe. Jenſeits Des Fluſſes liegt das ſerbiſche Ram mit ſeinem Kaſtell aus der Türkenzeit. Auf der Anhöhe, auf dex wix ſtehen, befanden ſih am 7. Oktober der Generalfeldmaxrſchall v. Mackenſen und der Ge» neral v. Gallwiß in Geſellſ<haft von drei deuts ſchen Herzögen, um dem denkwürdigen Schauſpiel beizuwohnen. i Bis zum leßten Tag war man zweifelhaft geweſen, ob man den Über= gang wagen könnte. Die Koſſowa trieb ihr Unweſen. Aber General yv. Gallwiß hielt am 7. feſt. Und wirklich herrſchte na< wochenlangemStür=men am 7. das ſ<hönſte Wetter. Da dex ÜUber=- gang als ein gewaltſamer gedaht war, ging ihm frxühzmorgens Artilleriefeuer voraus. E
Aber wußten die Serben überhaupt etwas von dem ganzen Plan? Das wax die Frage. Man hatte den Auf marſch des Heeres nah Möglichkeit verheimlicht. Da und dort, im Oſt und Weſt von den geplanten Stellen, hatte man Scheinlandungsmanöver verſucht, €s war deshalb nicht E wahrſcheinlich, daß der Feind allzu heftigen Widerſtand leiſten würde. . Urſprünglich war geplant worden, daß die Artillerie zwei Stunden vorarbeiten ſollte, ehe man gur Landung ſchritt. Nun gab General v. Gallwiß kurz ent=\<loſſen den Befehl, die Brüctkenkähne glei ins Waſſer Zu ſeen. Um 6 Uhr 40 Minuten war dex denkwürdige Augenbli>, wo dies geſ<hah.
Die Brü>enkähne ſchaukeln auf der Flut und harren der Jnſaſſen. Freude und Begeiſterung beſeelte die Krieger, daß ſie die ſhwarzen Eiſenkäſten, denen ſie ſih anvertrauten, mit dem Grün dex Pappeln und Uſerweiden Um=
fränzten und die leßten Hexbſtblumen in ihre Gewehr-