Marxismus und Darwinismus

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auseinandergeſeßt, daß der Darwinismus gerade die Unhaltbarkeit der ſozialiſtiſhen Forderungen zeige und daß Darwinismus und Sozialismus „ſich vertragen wie Feuer und Waſſer“!

Die Argumente ſind au< niht weit zu ſuchen. Gerade durh die Entſtehung der Darwinſchen Lehre liegen ſie unmittelbar zur Hand. Der Darwinſche Kampf ums Daſein fand ſein Vorbild in der kapitaliſtiſchen Konkurrenz; jezt wurde umgekehrt die kapitaliſtiſhe Konkurrenz mit dem tieriſchen Kampf ums Daſein verglichen und dadur<h zu der Würde eines Naturgeſeßes erhoben.

Verfolgen wir die Beweisführungen Haekels, deren Hauptgedanken bei den meiſten Autoren wiederkehren, die in ähnlicher Weiſe den Sozialismus mittels des Darwinismus bekämpfen.

Der Sozialismus iſt eine Theorie, die die natürliche Gleichheit der Menſchen vorausſeßzt und ihre geſellſchaſtliche Gleichheit erſtrebt: gleiche Rechte, gleiche Pflichten, gleiche Güter, gleiche Genüſſe. Aber der Darwinismus iſt gerade die wiſſenſchaſtlihe Begründung der Ungleichheit. Die Abſtammungslehre zeigt uns, daß die Entwi>klung der Tiere in der Richtung einer immer größeren Differenzierung oder Arbeitsteilung zwiſchen den ein=zelnen Organen vor ſih geht. Je höher, je vollkommener das Tier, um fo weiter iſ dieſe innere Ungleichheit ‘gegangen. Auch in der Geſellſchaft ſehen wir dieſe Arbeitsteilung zwiſchen Berufen, Klaſſen uſw., und je höher ein Staatsweſen ſteht, um ſo weiter iſt dieſe Arbeitsteilung mit ihrem Unterſchied an Kraftaufwand, Fähigkeit, Vermögen und Lohn vorgeſchritten. Daher iſt: die Abſtammungslehre „als beſtes Gegengift gegen den bodenloſen Widerſinn der ſozialiſtiſhen Gleihmacherei zu empfehlen“.

Noch mehr gilt das von der beſonderen Darwinſchen Ausleſetheorie. Der Sozialismus will die Konkurrenz, den Wettkampf ums Daſein aufheben. Aber der Darwinismus lehrt, daß dieſer Kampf natürli<h und unvermeidlich und nichts als die menſhlihe Form eines für die ganze organiſche Welt geltenden Naturgeſeßes iſ. Und nicht nur natürlich, ſondern er iſt auch. nüßli<h und ſegensreih. Der Kampf bringt eine immer größere Vollkommenheit, und dieſe Vervollkommnung beſteht in einer ſtetigen Ausmerzung der Untauglichen. Nur die auserleſene Minder=heit der bevorzugten Tüchtigen iſt imſtande, die Konkurrenz zu beſtehen,. während die große Mehrzahl notwendig elend verderben muß. Alle ſind berufen, aber wenige find auserwählt. Der Kampf ums Daſein iſt zugleihein Sieg der Beſten, während die Schlechten, die Untauglichen, zugrunde“ gehen. Man mag das beklagen, wie man es z. B. auch beklagen kann, daß. alle Menſchen ſterben müſſen, aber damit läßt ſich dieſe Tatſache weder verleugnen no< ändern.

Hier iſt zu bemerken, wie eine kleine Verſchiebung ungefähr gleich= bedeutender Worte weſentlih zum Ziel der Verteidigung des Kapitalismus beiträgt. Darwin redete vom Ueberleben der Paſſendſten, derjenigen, die den Verhältniſſen am beſten angepaßt ſind. Da ſie aber zugleich im Kampfe die anderen dur<h ihre beſſere Organiſation beſiegen, kommt man leicht dazu, ſie die Tüchtigſten und ſhließlih gar die „Beſten“ — dieſen Ausdru> hat-