Orpheus : altgriechische Mysteriengesänge
ZUM GELEIT
D; altgriechischen Gesänge, die als „Orphische Hymnen“ dengeschlossenstenundübersichtlichstenTeil allergleichartigen Überlieferungen darstellen, sind bisher nur einmal in einer vollständigen deutschen Übersetzung erschienen. Diese Ausgabe (Dietsch, die Hymnen des Orpheus, griechisch und deutsch, Erlangen 1822) ist jedoch so unbekannt geworden, daß ich erst nach vollendeter Arbeit auf Umwegen ein Exemplar davon habe beschaffen können. Die hexametrische Form, die aus dem Urtext übernommen wurde, ist außerdem unserem VerständnisundFormgefühlsofremd,daßsieheutekaummehr einigen Reiz bieten würde. Der Gedanke einer neuen Übertragungwurde mir durch dieBeschäftigungmit der mittelalterlichen Mystik eingegeben, in der sich eine gewisse Ähnlichkeit mit verwandten antiken Geistesbewegungen, und darüber hinaus sogar eine Nachwirkung konkreter Vorstellungsbilder und Gedankengänge altorphischer Art mit neuplatonischem Einschlage erkennen läßt.
Eineneue Ausgabe derHymnen erschien mirheute um sogeratener, als diese Poesie außerhalb den unmittelbaren Fachkreisen sogut wie unbekannt ist. Wenn manübersieht, was an entsprechender altindischer Literatur seit Fr.Rückert ins Deutsche übertragen und so in weiterem Sinne dem europäischen Verständnis erschlossen ist, soerscheintdasVersäumnis aufdiesem Gebiete, das sich doch noch unmittelbarer mit unserer kultutellen Überlieferung berührt, als unverständlich. Esmag teilweise daran liegen, daß die orphische Poesie von der Fachwissenschaft ziemlich schlecht behandelt worden ist. Man darf sie natürlich nicht mit der griechischen Lyrik und mit Homer vergleichen, denn Ursprung und Ziele sindja ganzverschieden-
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