Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

134 IV. Poimandres und die ägyptische Offenbarungsliteratur.

durch Galen und indirekt durch Hephaistion bezeugt ist. Es geht m. E. viel zu weit, wenn selbst Ägyptologen wie Sethe den „gmostischen Aion“ Chnuphis, der diese Gestalt trägt, ganz von dem ägyptischen Gotte scheiden wollen. Allerdings hat die eindringende Astrologie manchen Einfluß auf die ägyptischen Religionsvorstellungen geübt, wie dies Bolls treffliches Buch Sphaera z. T. ja beweist; aber es bleiben doch die ägyptischen Götter. Wer sie „gnostisch“ nennen will, spielt mit dem vieldeutigen Wort und verwirrt den Leser.

Die Fülle der Monumente, die sich auf die Chnuphis-Verehrung beziehen, hat für ein beschränktes Gebiet, die Donauländer, Drexler in seinen Mythologischen Beiträgen I gesammelt. Man wird nicht jeden, der gegen Magenleiden ein Chnuphis-Amulett trägt, als Anhänger dieser Religion bezeichnen dürfen. Ihre Verbreitung ist dennoch auch durch diese Amulette einigermaßen zu erkennen, und die seit Septimius Severus erscheinenden Münzen beweisen sie. —

Es bleibt ein dritter Typus dieser Literatur, der sich an Isis, die alte Herrin aller Weisheit und Lehrerin allen Zaubers, schließt. Wie sie als Ördnerin des xöcuoc in frühhellenistischer Zeit für Hermes eingetreten ist!), so wird sie bei Plutarch auch ausdrücklich als Herrin von Herz und Zunge bezeichnet, wie Hermes.?) So möchten wir nach Geist und Form dieser Literatur annehmen, daß sie ursprünglich auch selbst ihre Lehren „geschaut“ oder ersonnen hat. Als ihr Schüler erscheint im Florilegium des Stobaios (XIII 65 Wachsmuth) ein König, also wohl Amon.) Als Lehrerin des

ägyptischer Vorstellung die Götter in verschiedenen Teilen des Himmels verschiedene Gestalten haben, daß die „wahre Gestalt“ auch solcher Götter, für die typische Kultbilder längst bestehen, verborgen und nur dem Magier bekannt ist, und daß das Wissen oder Zeigen dieser Gestalt einen Zwang über die Götter übt.

1) Vgl. Zwei religionsgesch. Fragen S. 104 ff. Auch hier ließe sich das Beweismaterial schon jetzt sehr vermehren. Es genügt vielleicht auf die hellenistische Darstellung der Isis auf der schlangenumwundenen Weltkugel und auf das entsprechende Bild des Hermes zu verweisen (oben S. 31).

2) Plutarch, De Is. et Os. 68: tWv d’ Ev Alyuntw purWv udAıcra NM Bew kadıepwcdan Akyoucı TNY TrEPCEAV, ÖTL Kapdia uEV 6 Kapmöc aurnc, yAlırmn de TO pUAMov Eoıkev. OVdEV Yüp Wv Avdpwrmoc Exeıv TEPDUKE BEeLöTEpoVv Aöyou Kal uaAıcra ToÜ mepi deWwv. Sie ist Offenbarungsgöttin.

3) Als Titel bietet der eine Zweig der Überlieferung allerdings ‘Epuoü &x tod "Icıdoc mpöc "Rpov, aber das letzte Wort fehlt im Vindobonensis und scheint aus der in den Eklogen erwähnten Schrift ergänzt. Das Zitat: &Aeyxoc yäüp