Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

136 IV. Poimandres und die ägyptische Offenbarungsliteratur.

Isis verdankt in den beiden an Horus gerichteten Lehrschriften, deren Einkleidung wir beurteilen können, in den von Stobaios erhaltenen großen Fragmenten der Köpn xöcuou und in der Einleitung einer alchemistischen Schrift‘), ihre Weisheit selbst einem anderen Gotte. Es ist der Typus, den wir im XII. (XII.) Stück (Hermes, Schüler des ‘Aya®öc daiuwv, belehrt den Tat) schon gefunden haben; ihm entspricht, wie später zu zeigen ist, das XII. (XIV.) Kapitel, in dem Hermes, der Schüler des Poimandres, Tat belehrt. Da der Schöpfungsbericht der Köpn xöcuou zweifellos aus zwei älteren Fassungen kontaminiert ist, darf es uns nicht verwundern, wenn wir zwei (eigentlich vier) verschiedene Einleitungen finden. Als Lehrer der Isis erscheint zunächst”) Hermes, der die ganze Schöpfung mitangesehen hat; seine Geheimbücher scheint Isis gefunden oder seine Erzählungen gehört zu haben.”) Daneben steht unvermittelt ein zweiter $. 122 besprochener Bericht, nach welchem Hermes bei seinem Aufstieg zum Himmel zwar seine göttliehen dopupöpoı mitnimmt, als Erben seiner Lehren aber Tat auf Erden zurückläßt (ihm hat sich, von Ptah-Hephaistos geleitet, Asklepios angeschlossen). Daß Hermes sich nach dem Aufstieg vor dem tepiexwy (der duvawıc ueriem) entschuldigt, er habe seinem Sohne wegen seiner Jugend nicht alles offenbaren können, dient natürlich in der üblichen Form dazu, die von Isis weitergegebenen Hermes-Offenbarungen höher als die in den Dialogen des Hermes, Tat und Asklepios verbreiteten zu stellen.

Der Typus ist ziemlich alt. Er begegnet uns nieht nur in dem ältesten koptischen Zauberpapyrus.‘) Schon in der ägyptischen Vor-

1) Berthelot, Les alchimistes grees, Texte p. 283—35, in doppelter Fassung. Das Stück scheint ziemlich alt. Gegenbild der Isis ist in dieser Literatur die Jüdin Maria, also Mirjam, die Schwester des Moses, die ja auch in der gmostischen Literatur eine Rolle spielt (Rieß, Pauly-Wissowa I 1350). Daß sie als Prophetin neben dem Propheten Moses im Kult der Therapeuten begegnet, ist bekannt. Daß auch sie als Verkünderin geheimer Weisheit erscheint, läßt auf eine gewisse Dauer und Wirksamkeit solehen Kultes schließen.

2) Stobaios I 49 ». 386 ff. Wachsmuth.

3) Jenes würde der Fiktion des XII. (XIV.), dieses der des XII. (XII) Stückes entsprechen.

4) Aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. vgl. Griffith, Zeitschr. f. äg. Sprache 1900 S. 90. Isis erscheint hier als Tochter des Hermes; sie steht zu ihm also wie Horus zu ihr, Tat zu Hermes, Asklepios zu Ptah, Osiris zu Chnuphis,. Tochter des Hermes ist sie auch in den Zauberhymnen, vgl. Her-