Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

146 IV. Poimandres und die ägyptische Offenbarungsliteratur.

gleich das Auge des Osiris), also auch des mit ihm in Syene identifizierten Chnum oder Amon.°) Sie ist selbst die Köpn köcuouv. Wir sehen schon aus dem Titel, daß dieser letzte Typus, der die Mysteriengöttin Isis zur Schülerin und Gattin des geheimnisvollen Chnum macht, für diese Schrift der ursprüngliche war. —

Schauen wir zurück auf diese eigentümliche Literatur, deren Verzeichnis und Erläuterung so viel Umwege notwendig machte, so gewahrt der Leser leicht, daß ein gemeinsamer Typus überall innegehalten ist. Immer ist die Gottheit, welche die Schöpfung oder die diaköcuncıc vollbringt, zugleich die Urquelle aller Offenbarung; ein Sohn oder Schüler Bit in der Regel ihre Lehre weiter; der Wechsel der Personen hängt mit der priesterlichen Tradition verschiedener Gegenden zusammen. Aber der Leser empfindet auch, wenn er auf die im ersten Kapitel angeführten Gebete zurückschaut, welche nicht theologische Lehren, sondern Rat und Leitung im praktischen Leben erstreben, die vollste Übereinstimmung in der Auswahl der Götter wie in der Grundauffassung. Die Hermetischen Schriften und jene zunächst wenig erfreulichen Denkmäler des „Aberglaubens“ sind Zweige desselben Baumes. Beide entsprießen der ägyptischen Volksreligion in hellenistischer Zeit. Um so eigenartiger berührt es, wenn in dem weiten Kreise der Hermetischen Literatur ein einziger neuer Gott erscheint, eben der Poimandres®); eine neue Religion und eine neue Gemeinde ist mit ihm ins Leben getreten. Es lohnt vielleicht, bei der seltsamen Tatsache einen Augenblick zu verweilen und noch einmal zu fragen, wie sie auf diesem Boden entstehen und sich verbreiten konnte. Das Verhältnis von Lehrer und Schüler, Prophet und Gemeinde wird dabei besonders ins Auge zu fassen sein.

Das wundervolle Schlußgebet des Poimandres hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem in dem Pariser Papyrus Mimaut angeführten Gebete, dessen Wichtigkeit Wessely erkannt hat, ohne doch durch

Satz: ömov r) iep& texvn tAc Alybmrou karackeudleran. Hier steht 1) Aiyurmtoc für 7) xnula, und das Schwarze bezeichnet als xöpn toü dp8aAuo0 auch Zosimos bei Berthelot 92, 6.

1) Ebers a. a. O. 143.

2) So verstehen wir, wie Nechepso von dieser geheimnisvollen Gottheit Kvnpıc sagen kann: Ti cdpkac Aupereiro menÄoc Kuavöxpouc Kvepac mpoteivwv. 3) Es ist etwas ganz anderes, wenn in den magischen Formeln unter den Bapßapıkd oder obpdvıa Övöuara neue Kombinationen erscheinen.