Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

168 V. Ausbreitung der Hermetischen Literatur.

bestehen.) Allerhand Zauberspuk und Theurgie spielt, wie in Ägypten, eine große Rolle, und die aus den Papyrus bekannten Zauberer, wie Östanes, Dagegen auch hier. ?)

Im Mittelpunkt der Verehrung stehen, wie auf diesem Boden zu erwarten war, die sieben Sterngötter, welche die Geschicke der Menschen lenken.?) In jedem Planeten wohnt ein Geist oder Engel; er ist die Seele des Sterns, und der Stern ist seine Behausung. „Sie erforschten“, wie Schahristäni (Chw. II 439) berichtet, „zuerst ihre Häuser und Stationen, zweitens ihren Auf- und Untergang, drittens ihre Verbindungen nach den Figuren der Konjunktion und Opposition geordnet nach ihren natürlichen Eigenschaften, viertens die Einteilung der Tage, der Nächte und der Stunden nach ihnen, fünftens die Anordnung der Bilder und Figuren, der Klimate und der Ortschaften nach ihnen. Demnach verfertigten sie Siegelringe und lernten Zaubersprüche und Anrufungen. Sie bestimmten einen Tag dem Saturn, nämlich den Sabbat, und gaben an ihm acht auf seine erste Stunde und siegelten mit seinem Siegelringe, welcher seiner Gestalt und Kunst gemäß angefertigt war, und zogen die ihm eigentümlichen Kleider an, räucherten mit dem ihm eigentümlichen Räucherwerk, stimmten die ihm eigentümlichen Anrufungen an und erbaten als ihr Bedürfnis von ihm das, was vom Saturn von seiten der ihm eigentümlichen Taten und Einwirkungen zu fordern ist“.*)

Daneben erscheinen auch die stoisch-hermetischen Götterwesen; es gibt Tempel der ersten Ursache, der ersten Vernunft, der Welt-

1) Chw. T 45 ff. D. G. 361 ff. Die Geweihten sind alle Brüder; die einzelnen Klassen heißen nach Tieren. Wir hören von unterkellerten Tempeln und mancherlei Vorrichtungen, durch göttliche Erscheinungen und Stimmen den Einzuweihenden zu schrecken. Ihr Oberhaupt heißt „der Hirt“ (Chw. II 628).

2) Vgl. Kitäb al Fihrist ed. G. Flügel p. 189. Auch Zoroaster begegnet öfters.

3) Man kann diese Sternenverehrung geradezu als das Charakteristische für diese Sekten bezeichnen. Sie spielen die Hauptrolle auch in den ältesten Nachrichten über den Festkalender der Harraniter (Chw. IT 22 ff). Neben ihnen erscheinen in ihm freilich auch die alten Volksgötter. Der praktische Polytheismus verträgt sich, wie überall, friedlich mit dem theoretischen Monotheismus der naturalis theologia. Daß ich mehr den theoretischen Teil, der sich ja ausschließlicher auf „Hermetische Schriften‘ gründet, verfolge, liegt in der Natur meiner Aufgabe.

4) Die näheren Ausführungen bietet D, G. 349 ff. Es folgen die anderen Planeten,

ee

ugs