Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

250 Sehlußwort.

des Griechentums mußte den Kampf und den Ausgleich der verschiedenen Weltanschauungen, des Pantheismus, des Dualismus, des Fatalismus mächtig fördern, indem sie die Gegner auf gleichen Boden stellte, die eigentümliche Stellung des „Propheten“, die in dem hellenisierten Orient allmählich zu wachsen scheint, die Übertragungen erleichtern.!) Es verrät eine rührende Ahnungslosigkeit, wenn von theologischer Seite versichert wird, daß Agypten, das einzige Land, in dem wir diese Bewegung genau verfolgen können, von ihr ganz unberührt geblieben sei.

So erhebt sich bei jeder einzelnen Frage die Schwierigkeit, daß der Bearbeiter neben der ganzen theologischen und philologischen Literatur auch Sprache und Überlieferung der verschiedenen Völker des Orients kennen müßte. Es ist kaum zu vermeiden, daß je nach Neigung und Studiengang der eine zu viel als ägyptisch, der andere zu viel als babylonisch, der dritte alles als persisch in Anspruch nimmt, und daß bei dem einzelnen Arbeiter eine gewisse Farbenblindheit eintritt, die ihn für wichtige Unterschiede unempfindlich macht. Nur die gemeinsame Arbeit vieler kann uns dem Ziele, die hellenistische Mystik zu verstehen, näher bringen.

1) Gegenüber der Übernahme des Überlieferten scheint wenigstens für Ägypten die spekulative Ausbildung derartiger Systeme und das freie Erfinden neuer göttlicher Figuren zurückzutreten. Daß es in der weiteren Entwicklung des Gnostizismus ebenfalls eine Rolle gespielt hat, ist nach dem früher über den Begriff der yvwcıc Gesagten (vgl. S. 158) selbstverständlich; nur müssen wir, solange die alten Bildungselemente uns nur mangelhaft bekannt sind, im Einzelfalle möglichst wenig Gebrauch von der Annahme völlig willkürlicher

Bildungen machen.

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