Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

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Mandatars aufhören, wenn der Auftraggeber arweſend iſt?“*) -

Die Diſtrikte argumentierten alſo: Ihr gewählten Volfsvertreter ſeid niht unſere Herren, ſondern unſere Beauftragten. Der Beauftragte hat das dur4zuführen, was ihm der Auftraggeber zu machen überläßt. Was der Auftraggeber ſelber maten ivill, das macht er ſelber — ohne Beauftragte. Und ſie machten niht wenig felber, dieſe Diſtrikte! Nicht nur, daß ſi die Diſtrikte das Recht nahmen, die Friedensrichter und ihre Beiſißer und ebenſo die Schiedsrichter zu wählen, fie nahmen auch die Polizeigetvalt an fich, ſchufen die Miliz, organiſierten die Armeen für die Nationalverteidigung und arbeiteten viel auf ſozialem Gebiete. Darüber erzühlf Kropotkin:

„Anderſeits gelangten eben dieſe Bürgerausſ\<hüſſe der Sektionen Ende 1790 nah einem lebhaften Kampf dazu, die Verwaltung der Geſchäfte der Wohltätigkeitsanſtalten und ebenſo das ſehr wichtige Recht in ihre Hand zu bekommen, die ÜUnterſtüßungsangelegenheiten zu überwachen und zu organiſiere =— was ihnen geſtattete, die Barmherzigkeitswerkſtätten des ancien regime dur Unterſtüßung8werkſtätten zu erſeßen, die von den Sektionen ſelbſt verwaltet wurden. Im ſelben Grade, iwie in der Revolution überhaupt, machten die ſozialen Fdeen in “ den Sektionen Fortſchritte. So machten ſich die Sektionen allmählich zu Lieferanten von Bekleidung, Wäſche, Schuhwerk für die Armee, ſie organiſierten das Mühlenweſen u. f. w., ſo daß ſich im Fahre 1798 jeder Bürger und jede Bürgerin, die in der Sektion anſäſſig waren, in der Werkſtatt ihrer Sektion einfinden und dort Arbeit erhalten fonnten. Aus dieſen erſten Anfängen erſtand ſpäter eine umfaſſende mächtige Organiſation, ſo daß im Jahre IT (1793 bis 1794) die Sektionen den Verſuch machten, völlig an die Stelle der Armeebefleidungsämter und ebenfo der Lieferanten zu treten. Noch mehr. Die Sektionen überwachten nicht nur während des ganzen Verlaufes der Revolution die Zufuhr und den Verkauf des Brotes, die Preiſe der notwendigſten Lebensbedürfniſſe und die Anwendung der Höchſtpreiſe, als dieſe vom Geſet eingeführt worden waren, ſie ergriffen auch die Jnitiative, die brachliegenden Ländereien von Paris zu beſtellen, um die Produktion dur< die Gemüſekfultur zu vermehren. Das möchte vielleicht ſolchen armſelig erſcheinen, die fich unter Revolution nur Schießen und Varrikaden vorſtellen; aber gerade dadurch, daß die Sektionen von Paris auf die kleinen Etnzelheiten des täglichen Lebens der Handwerker und Arbeiter eingingen, brachten ſie ihre politiſhe und revolutionäre Macht zux Geltung**).

Dieſe Organiſation des Bürgertums und die bewaffneten Bürger dieſer Sektionen waren es, die als „Volk von Paris“ ſo entſcheidungsvoll in die Revolution eingriffen und die auch am 31. Mai 1798 mit Waffengewalt den Konvent von den Girondiſten ſäuberten. Nicht in den Klubs, nicht in den Vereinigungen und Bruderſchaften lag nah den Forſhungen Kropotkins die Macht und

*) Peter Kropotkin: Geſchihte der franzöſiſchen Revolution. 1789 bis 1793. I. Band, Seite 178 bis 179.

**) P. Kropotkin: Geſchichte der franzöſiſchen Revolution. 1789 bis 1793. Deutſch von Guſtav Landauer. I. Band, Seite 184 und 185.