Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

= U- 2

richtungen zu ſchaffen, die der Revolution Kraft verliehen und der gewünſchten neuen Ordnung Grund und Stüße und Körperlichfeit gegeben hätten, debattierten ſie im Frankfurter Parlament über Paragraphz2 und Rechtsformeln für das Papier eines Geſeßblattes und unterſtüßten niht einmal die Volkserhebungen, die aus eigener Jnitiative draußen im Lande in der Wirklichkeit neue Formen der Ordnung ſchaffen wollten.

Während die „Revolutionäre“ in Frankfurt redeten, wie ſie die papierene Verfaſſung ändern ſollten, arbeitete aber die Reaktion draußen an der Aenderung der wirkli <en Verfaſſung; organiſierte Armeen für den Abjſolutismus, und der Erfolg dieſer Politik war, daß ſih in Frankfurt das Volk ſelbſt eines Tages gegen die ſhwähende Nationalverſammlung erhob und daß zum Schluß dieſe „verächtliche Verſammlung“, wie Marx ſie nannte, von den Heeren der Fürſten auseinandergejagt werden fonnte, ohne daß ſi<h das Volk darüber ſonderlih aufgeregt hätte. Die deutſche Revolution war verloren. Die Tragödie des Frankfurter Parlaments hat Karl Marx im Jahre 1851 in ſeinen Briefen an die „New York Tribune“ meiſterhaft gezeichnet. Man leſe ſie dort nach *). Das iſt heute ſchon deshalb notwendig, damit man in der Zeit der unterichiedlihen demokratiſhen Nationalverſammlungen das Frankfurter Rarlament als warnendes Beiſpiel ſtets vor Augen habe. Von den vielen Wahrheiten, die unſer Meiſter dort ausſpricht, wollex wir nur ein Urteil über die deutſhen Demokraten und Revolutionäre von 1848 zitieren, die die Aufgaben der Revolution mit dem demofratiſhen Parlamentarismus löſen wollten. Er ſagt:

„Die Linke der Verſammlung — dieſe Elite und dieſer Stolz Des revolutionaren Deutſ<laænd, woſir qt ſich ſelbſt hielt — war ganz berauſht von den paar armjeligen Erfolgen, die ſie dem Wohlwollen oder vielmehr dem U-belwollen ciner Reihe öôſterreichiſher Politiker dankte, die unter dem Einfluß und im Juntereſſe des öſterreichiſchen Deſpotismus hanzelten. So oft die leiſeſte Annäherung an ihre niht allzu genau beſtinïfnten Brinzipien in homöopatiſh verdünnter Form eine Art Sanktion dur< die Frankfurter Verſammlung erhalten hatte, verfündeten dieſe Demokraten, ſie hätten das Vaterland und das Volk gerettet. Dieſe armſeligen Schwächlinge waren im Laufe ihres meiſt re<t ſtillen Lebens fo wenig an etwas gewöhnt geweſen, das einem Erfolg glei<hſah, daß ſie in der Tat glaubten, ihre geringfügigen Gegenanträge, die | mit einer Majorität von zwei bis drei Stimmen angenommen wurden, würden das Antliß Europas verändern. Sie waren vom Beginn ihrer geſeßgeberiſchen Laufbahn anm mehr als irgendeine andere- Frat tion der Verſammlung von der unheilbaren Krankheit des - parlamentariſ<hen Kretinis8mus durchſeucht, einem Leiden, das ſeine unglü>lihen Opfer mit der erhabenen Ueberzeugung erfüllt, daß die ganze Welt, ihre Geſchichte und ihre Zufunft dur<heineMehrheitvonStimmen in dem beſonderen Vertretungskörper gelenkt und - beſtimmt werde, der die Ehre hat, ſie zu ſeinen Mitgliedern zu zählen, und

*) Karl Marx: Revolution und Konterrevolution in Deutſchland. Ins Deutſche übertragen von K. Kautsky. “ Stuttgart. Verlag von 5 H, W. Dieb:

Cite