Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

Der Parlamentarismus in der Revolution.

Ein anderes iſt ein Haus verwalten, ein anderes ein Haus erbauen. Und ein anderes iſt, ein geordnetes Staatsweſen weiterführen, die bewährte Ordung aufrechterhalten, durch neue Geſeße vervollklommnen und eingetretene Störungen beſeitigen: und ein anderes, ein zuſammengeſtürztes Haus neu aufbauen. Zum Verwalten eines Hauſes braucht man einen tüchtigen Hausverwalter, zum Neuaufbau einen guten Baumeiſter. Parlamente ſind gute Hausverwalter der Staaten. Bei den Wahlen wirken alle Macht- und Erhaltungsmittel der alten Ordnung mit und bringen in dem gewählten Parlament ein „ſtaatserhaltendes“ Organ hervor, in dem die fonſervativen Kräfte, die für die Erhaltung der alten Ordnung wirken, um ſo viel ſtärker erſcheinen, als der Dru und der Einfluß der alten Ordnung und ihres Erziehungs-, Unterdrü>ungs- und Verlo>ungsapparates die Intereſſenten einer neuen Ordnung bewegen fann, für Vertreter der alten Ordnung zu ſtimmen. Wo die allgemeinen Grundlagen der Ordnung außer Frage ſtehen und zu den vielen vorhandenen und für die beſtehende Ordnung erprobten Geſeßen nur immer fkleine Verbeſſerungen im Geiſte der alten Ordnung zu ſchaffen ſind, da ſind dieſe tonſervativen Körperſchaften mit ihrem bedächtigen, langſamen, ſ{werfälligen parlamentariſchen Arbeiten, mit den tage-, wochen- und monatelangen Debatten ganz geeignete Werkzeuge. Es verſchlägt niht viel, wenn ſie zu einem Geſeße Wochen und Monate brauchen und wenn die neuen den alten Geſeßen ſo ähnlich ſind, daß ſie im Getriebe des geſellſchaftlihen Lebens nur wenig ändern. Der große Bau der Ordnung iſt ja fertig und ſoll bleiben, und es iſt da ſogar ganz vorteilhaft, wenn das Puben und weitere Ausſhmü>en mit gemächlicher parlamentariſher Bedächtigkeit vollzogen wird.

‘ Anders iſt es in revolutionären Zeiten, wo die alte Ordnung von Grund auf erſchüttert iſt, zuſammenſtürzt und von Grund auë nef aufgebaut werden ſoll mit ganz neuen Geſeßen der Ordnung, mit ganz neuem Recht, mit ganz neuen Einrichtungen und Organen. Da iſt raſhes Handeln notwendig, um ſo {nell als möglich über den leidvollen Zuſtand, der nah dem Einſturz der alten Ordnung eingetreten iſt, hinüberzufkommen, und es iſt notwendig, daß die revolutionären Kräfte, die das Neue wollen, Bewegungsfreiheit zum fühnen Neuaufbau gewinnen. Fn ſolchen Zeiten verſagen die Parlamente, die ſhon aus ihrer Natur heraus die Tonſfervativen Kräfte begünſtigen und die ſo langſam und ſ<werfällig arbeiten, daß ſie zu den Schöpfungen, die die Not der Zeit ſchon in einem Jahre erfordert, Jahrzehnte brauchen würden. D

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