Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

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Darum greifen ſolche Zeiten zur direkten Geſeßgebung durch das Volk, indem die aufſtrebende revolutionäre Klaſſe kraft ¡ihrer Macht und im Rahmen ihrer Macht einfa<h dur die Gewalt die Neuerungen dur<hführt, die ſie als notwendig empfindet, ohne darauf zu warten oder danach zu fragen, daß irgendeine herfömmliche verfaſſungsmäßige Vertretung ſie dazu beauftragt, ermächtigt oder ihre geſeßten Tatſachen beſtätigt. Anfangs erſcheint dieſe direkte Geſeßgebung dur<h das Volk als wilder, blindwütiger Aufruhr, als Empörung gegen die beſtehende Ordnung, gegen alles Geſet und Recht und erſcheint ganz anarchiſch, und die Stürmer der neuen Zeit werden von den alten Gewalten als Störer der geſellſchaftlichen Ordnung blutig verfolgt; im Laufe der Bewegung bilden fſih aber aus ihr in den verſchiedenen Orten leitende Organe ‘heraus, die für ihr Gebiet als Geſeßgeber und Regenten fungieren, und aus dieſen Werkzeugen der Revolution heraus erwächſt von unten hinauf die neue Ordnung, die ſhließli< in einem neuen zuſammenfaſſenden allgemeinen geſeßgebenden Organ als Spißte endet. Die alten Parlamente ſpielen in dieſer Zeit nur die zweite Geige. Die Geſeßgebung wird in der Revolution dezentralifiert und die großen Nationalparlamente haben meiſtens nur zu, beſtätigen und zu verallgemeinern, was das Volk ſchon direkt felbſt oder durch ſeine Vertreter in den einzelnen Gebieten des Landes vollzogen hat. Der Schwerpunkt der Geſeßgebung liegt in revolutionären Zeiten nicht in den Parlamenten, fonder draußen auf der Straße im Volke, und niht der Wille der Parlamentsmitglieder, ſondern der Wille und die Gewalt des Volkes beſtimmen den Jnhalt der Geſeße. Und wo Parlamente mitarbeiten, da erfahren fie unter dem Drud>e der direkt wirkenden Volksfkraft tiefe Umwandlungen in threm Fnnern und thre Geſeßgebungsarbeit beſchränkt fih meiſt darauf, dem, was der eigene Wille und das direfte Wirken der revolutionären Maſſe bereits ins Leben gerufen, geſeßlihe Form zu geben oder unter dem dikticrenden Dru der ſtürmenden Volksmaſſen Geſeße zu ſchaffen, die dem Willen der revolutionären Maſſe entſprechen und die meiſt grundverichieden find von dem, was die große Mehrheit der parlamentariichen Geſeßgeber urſprüngli<h ſelber geplant, gewollt und angeſtrebt hat. Einige Beiſpiele aus der Geſchichte der großen Revolutionen mögen das erläutern.

Parlament und Soldatenräte in der engliſchen Revolution.

Die engliſche Revolution des 17. Jahrhunderts wird gewöhnlich als eine Revolution des Parlaments gegen den königlichen Abſolutismus dargeſtellt und gewiß hat in keiner Revolution ein Parlament eine ſo große Rolle geſpielt wie in dieſer. Und wie bewährte fich darin der Parlamentarismus und wie weit ging ſeine Schöpferkraft? Am 83. November 1640 verſammelte ſi<h das berühmte „lange Parlament“. Es war radikal, radikaler als ſein Vorgänger, das „kurze Parlament“, das wegen ſeines Radikalismus aufgelöſt worden war. Es wollte die abſolute Monarchie abſchaffen und kämpfte mit aller Kraft gegen die Monopolwirtſchaft, die die Bevolkerung ausbeutete. Schon am 9. November beſchloß es, alle ſeine Mitglieder, die an irgendeinem Monopol