Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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Geſträuch bildet die Granate, aber auch dieſe erſcheint nur hie und da ſpärlih, neben wenigen andern. Auf der Einſattelung zwiſchen den zwei Hauptkuppen ſind in Folge daſelbſt vom Winde zuſammengefegten Erdreichs, etwas Gras und ſpärliche Kräuter hervorgeſchoſſen, und außerdem ſieht man noch hie und da einige A>erbeete von übereinander geſchichteten Steinen eingeſchloſſen. Ziegen und Schaafe klettern auf den Blö>ken umher, und ſuchen die kümmerliche Nahrung aus den ſchattigen Winkeln und Rigen des Geſteins herauszuzupfen.

“Auf der erwähnten Einſattelung angelangt, eröffnete ſich ein freier Bli> nah Süden auf den See von Scutari, der ſich ſeiner ganzen Länge nach, im Oſten von einer {malen türkichen Ebene, im Weſten von düſtern montenegriniſchen Bergen begrenzt, bis zu der Stadt gleichen Namens“ hinabzogSéèine ſ{hóne blaue Waſſerfläche ſpiegelte das Bild der Sonne Flar entgegen, und kleine ſilberglänzende Wellen rollten gegen das Ufer an. Wie auf dem Sutorman nach Antivari, ſo ſah ih von Wranina nah Scutari hinüber. Judeſſen wurde es mir \{<wer, etwas Beſtimmtes zu erkennen, da Sonnenſtrahlen und dunſtartige Nebel die Ferne unkenntlih machten. Von vielen Ynfeln, wie ſie auf Karten verzeichnet häufig angetroffen werden, ſah ih nichts. Zu Zeiten ſoll der See ſehr unruhig werden, wenn heftige Südweſt-Winde über ihn dahinſtreihen. An Fiſchen iſ er reihz ſowohl an größern, wie" an ſehr {önen Lachsforellen, Karpfen, Hechten u. #. w., als auch an kleinern, unter denen ſih vorzüglich eine Art, genannt Skoranzen , in die Familie der Cyprinen gehörig, dur zahlloſe Menge auszeichnet. Ein Theil der Einnahme des Vladika beſteht in dem Erlös für Fiſche, und noch viel mehr Gewinn ziehen daraus diejenigen Ortſchaften, welche in größeren Bezirken zu fiſchen berechtigt ſind; denn verſchiedene Theile des Sees ſind verſchiedenen Beſißern zugetheilt.

Durch ihre Fiſchereien kommen die Montenegriner mit den Türken öfter ins Handgernenge. Aus der Thatſache, daß ſie ſelbſt ſi ſelten, oder nie, wie mir ſogar geſagt worden iſt, Böte zimmern, ein Ankauf derſelben aber koſtſpielig iſt, kann man ſchon ſchließen, daß ſie ſolche von den Türken irgend wann geraubt haben müſſen, was ‘denn în offener Fehde auch wirklich wieder-