Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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Nachdem ich meinem Wirthe einigen Vorſchuß geleiſtet hatte, ließ er durch ſeine Frau und ſeinen Knaben mehrere Eier, etwas Schaaffäſe und rothen Wein herbeiſchaffen , die uns na unſerem Marſche erfriſchen ſollten. Darauf, während ih die nothwendigſten Vorſichtsmaßregeln traf, um meine Pflanzen vor längerer Näſſe zu hüten, wurde das Abendbrodt angerichz tet. An der linken Ecke des etwa fünfzehn Fuß langen und ebenſo breiten Zimmers waren wir hineingekommen und“ hatten zur linfen Hand auf eine Bank unſer Gepä>e niedergelegt; an der rechten Seite brannte das Feuer, jedoch in einiger Entfernung von der Wandz in der, der Thüre gegenüber liegenden E>e ſtand das Bett des Popen mit einer Bank davor und einem kleinen berußten Repoſitorium darüber für wenige Gebetbüchlein. Jn der vierten E>e endlich befand ſich ein freisrunder Tiſch mit einer etwa zwei bis drei Fuß im Durchmeſſer breiten Platte und drei ſehr kurzen, ſtoŒartigen Beinen, nebſt einigem aufgehängten Geſchirre, als einem Keſſel, Glaſe, Kruge und wenigen andern ganz unentbehrlichen Utenſilien. Der Tiſch wurde vor die Bank am Bette geſebt, auf welche der Pope ſi neben ihn zu ſeßen mich einlud, während die Uebrigen auf kleinen Schemeln, hnlich denen, wie unſere Landleute beim Melken der Kühe ſie haben, ſich ſo gut als möglich einrichteten. Vor dem Beginne der Mahlzeit verrichtete der ehrwürdige Prieſter ein Tiſchgebet.

Mein greiſer Nachbar und ſeine Hausgenoſſen ſchienen ſeit lange nicht ſo feſtlih, als heute gelebt zu haben und es machte mir eine unbeſchreibliche Freude, ſie fröhlich zu ſehen. Wer noch hungrig war, aß ſo viel er wollte und konntez da wurde nicht Brod, niht Wein, ja \elbſ unſer mitgebrachter Schinken nicht geſchont, denn es mußten unſere guten Wirthsleute für ihre freundliche Beherbergung traftirt werden. Aber mit Beſcheidenheit blieben die Frau und die Tochter des Popen immer in einiger Entfernung, und nur, wo etwas zu fehlen ſchien, wär die gute Alte gleich dabei. Schweigend ſahen ſie dem fröhlichen Mahle zu, an dem ſie doh nicht mindere Freude zu haben ſchienen. Was ich ihnen reichen ließ, mußten ſie faſt gezwungen werden, anzunehmen. Das Mädchen wurde vollends verlegen und entfernte ſh bald; die Mutter weilte