Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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und wie alle Montenegriner, ‘einen Schnucrbart. Sein Wohnhaus, hinter einigen Vorgebäuden, war ungleich größer, als unſer geſktriges Quartier. Es bildete zwei Geſchoſſe, in deren unteres ich zuerſt durch einen Hausflur geführt wurde, der freilich dunkel genug, eines Fenſters gänzlich ermangelte, deſſen Fußboden aber, aus ſ<hwarzem Erdreich, und ſeine Wände aus verräucherten Steinen beſtanden. Aber es war doh ein Hausflur, den mancher Andere nicht beſaß. Zur linken Hand deſſelben betrat ih ein Fleineres, total düſteres Kämmerthen, und aus dieſem ſtiegen oder tappten wir vielmehr eine Treppe ‘hinauf, auf welcher ih in das mir zur Wohnung beſtimmte Zimmer gelangte. Daſſelbe war, nah montenegriniſchen Verhältniſſen zu urtheilen, anſtändig genug: geweißte Wände, gedielter Fußboden, zwei Fenſtern, Tiſch, Stühle, Bett, Schrank, Kaſten und eine Bank! Nur muß man nicht unſere gewöhnlichen Vorſtellungen an jene Gegenſtände knüpfen wollen, denn die Steine der Wand ragten unregelmäßig aus ihr hervor, durch die Finger breiten Riten des elaſtiſchen Fußbodens konnte ich die unter mir Wohnenden deutlih vernehmen, und die Fenſtern waren fleine Luken mit hölzernen Thüren, dur die man nur gerade den Kopf, kaum noh die Schultern hinausſte>en konnte. - Unter meinen Fenſtern befand ſh ein verde>ter Balkon , auch eine ungewöhnliche Erſcheinung.

Mich eben ſo geehrt, als wohl fühlend, ein eigenes Zimmer zu beſizen, legte ih meine Sachen ab, in der angenehmen Hoffnung der Beſorgung meiner Pflanzen und meines Tagebuches obliegen zu können. Aber, wie täuſchte ih mi<h! Bald fand ſich zunächſt eine große Anzahl der vornehmſten, ſ{<ön gefleideter Montenegriner (denn wie geſagt, es wax heute Feſttag) bei mir ein, denen i< in dauernder Unterhaltung ‘alle ihre Fragen beantworten mußte. Diejenigen von ihnen, die leſen konnten, ſtudirten mit meinem Wirthe meinen Paß durch, worauf ſie, da ſie daraus erfannten, daß ih ein Preuße ſei, mir mit beſonderer Artigkeit begegneten. Sie machten verſchiedene belobende Bemerkungen über mein Vaterland und erzählten den übrigen Anweſenden dur<h mancherlei ausführliche Schilderungen von den tapfern, von ihnen hochgeachteten Preußen. Bei dieſer Gelegenheit kamen die Franzoſen ſchlechter fort, welche alle Mon-